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Berlin: Mauerkreuze sollen am 4. Juli fallen

Gerichtsvollzieher kündigt Räumung am Checkpoint Charlie an. Hildebrandt will Widerstand leisten

Der zähe Streit um die 17.-Juni-Gedenktafeln am Finanzministerium wurde gerade beendet, da droht ein weiterer Dauerkonflikt um den öffentlichen Umgang mit der deutschen Geschichte zu eskalieren. Die private Gedenkstätte für die Maueropfer am Checkpoint Charlie soll am Montag, dem 4. Juli, geräumt werden. Das kündigt der Obergerichtsvollzieher des Amtsgerichts Mitte in einem Schreiben an die Arbeitsgemeinschaft 13. August an, die das Denkmal errichtet hat. Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft ist die streitbare Chefin des Checkpoint-Charlie-Museums, Alexandra Hildebrandt. Sie und ihre politischen Unterstützer wollen die Räumung nicht widerstandslos hinnehmen.

„Das Räumungsdatum ist der 4. Juli um 4.01 Uhr sowie wenn nötig die folgenden Tage“, heißt es in dem Brief des Gerichtsvollziehers, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der Platz rechts und links der Friedrichstraße werde vollständig geräumt, inklusive der Halterungen für die schwarzen Holzkreuze, die an die Maueropfer erinnern und der dazugehörigen Betonfundamente, der Beleuchtung und der Verkabelung.

Hildebrandt hatte das Grundstück vor rund einem Jahr gepachtet und neben einem Nachbau der Berliner Mauer mehr als 1000 Holzkreuze mit Namen und Fotos von Maueropfern aufstellen lassen. Nach dem Ablauf der Pachtzeit unterlag die Museumschefin kürzlich vor Gericht gegen die Bankaktiengesellschaft BAG, die die Rechte an den beiden Grundstücken hält. Hildebrandt wollte sich gestern nicht konkret zu dem Räumungstermin äußern, zeigte sich aber wie gewohnt angriffslustig. „Wir kämpfen weiter“, die Gerichtsentscheidung sei „noch lange nicht der letzte Stand der Dinge“. Auch wenn ihr Kampf für die Erhaltung der Gedenktafeln an den Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 am Finanzministerium kürzlich mit einer Niederlage endete, sei sie dennoch „eine unbelehrbare Optimistin“. Sie kündigte für kommende Woche eine Pressekonferenz an, bei der sie gegen das Ende ihrer Installation am Checkpoint protestieren will.

Wortstarke Unterstützung erhielt Hildebrandt von einer Gruppierung, die sich sonst eher selten in die Landespolitik einmischt: Die US-Republikaner, die Partei des amerikanischen Präsidenten, protestierten mit einer Presseerklärung gegen den geplanten Abriss der Mauerkreuze. Der Chef des deutschen Ablegers der Republikaner, der in Berlin lebende Unternehmer Henry Nickel, sagte: „Es ist eine Schande, dass es so weit gekommen ist.“ Der Checkpoint Charlie sei ein Wahrzeichen der Freundschaft zwischen den USA und Deutschland. „Ich bin enttäuscht, dass jene, die an die Bedeutung dieses Platzes erinnern, von jenen blockiert werden, die die Bedeutung dieses Ortes nicht würdigen.“ Zusätzlich verärgert zeigen sich die Republikaner, dass als Abrisstag ausgerechnet der 4. Juli gewählt wurde, der offizielle Tag der amerikanischen Unabhängigkeit. „Die Berliner Mauer mag verschwunden sein, aber die Teilung hält an“, sagt Mark Dillen, Chef der Berliner Ortsgruppe der Partei. Die Gruppe kündigt eine Protestveranstaltung am Morgen des 4. Juli an, um die Räumung des Platzes doch noch zu verhindern.

Für den Gerichtsvollzieher ist der Abbau des Mahnmals offenbar schon eine gemachte Sache. Im Schreiben an die Arbeitsgemeinschaft 13. August weist er darauf hin, dass all das Material, welches er an dem Stichtag zu räumen gedenkt, hinterher von der Arbeitsgemeinschaft bei ihm ausgelöst werden kann. Sollten die Denkmal-Errichter darauf verzichten, würden die Holzkreuze und sonstige Gegenstände versteigert. Dafür steht sogar schon ein Datum fest: Die Auktion der Mahnmal-Reste soll am 15. September auf dem Gelände einer Umzugs- und Transportfirma stattfinden.

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