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Berlin: Medienkaufhaus Libro: Buchhändler wehren sich gegen "Kultur-Aldi"

Im Berliner Buchhandel formiert sich eine Front gegen den Versuch der österreichischen Medienkaufhaus-Kette Libro, die Buchpreisbindung vom 1. Juli an über Internet-Bestellungen zu umgehen.

Im Berliner Buchhandel formiert sich eine Front gegen den Versuch der österreichischen Medienkaufhaus-Kette Libro, die Buchpreisbindung vom 1. Juli an über Internet-Bestellungen zu umgehen. Rechtliche Schritte planen unter anderem die Hugendubel-Kette und Ursula Kießling, die Chefin der "Divan"-Buchhandlungen in Charlottenburg und Zehlendorf. Von "juristischem Klärungsbedarf" spricht auch Andreas Kiepert von der gleichnamigen Buchhandlung. Alle Befragten schlossen aus, Libros Trick nachzuahmen.

Überhaupt nicht reagieren will dagegen das Kulturkaufhaus Dussmann: "Wir sind kein Kultur-Aldi", betonte Sprecher Thomas Greiner. Dussmanns Stärken seien der Service, das breite Sortiment, die Inneneinrichtung und die langen Öffnungszeiten.

Libro plant, deutsche Bücher von Österreich aus zu importieren. Die Preisbindung gilt nach einer Bestimmung der EU-Kommission nicht mehr beim Export in andere Länder der Europäischen Union (wir berichteten). Viele Buchhändler meinen aber, dass es sich bei Libro um unzulässige Re-Importe handele - was das Unternehmen bestreitet. Noch sind die Einzelheiten unklar. Libro teilte nur mit, man werde "Bestseller" um bis zu 20 Prozent billiger anbieten.

Die Bücher kommen jedoch nicht in die Regale der neuen Filiale im Europa-Center. Nach einer Internet-Bestellung unter "www.lion.cc" soll die Ware direkt zu den Kunden gesandt werden - aus rechtlichen Gründen, wie es heißt. Zumindest die Bestellungen sind aber in den Läden möglich, weil dort Internetrechner stehen.

"Momentan sind alle am Prüfen: Liegt da eine Gesetzeslücke vor?", sagt Andreas Kiepert. Der Geschäftsführer ist auch Vorstandsmitglied im Verband der Verlage und Buchhandlungen Berlin-Brandenburg. Er fordert, eine einstweilige Verfügung gegen Libro zu beantragen. Der Dachverband, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, werde dies sicher tun. "Wir stehen in permanentem Kontakt." Dagegen wolle man "als Einzelunternehmen nicht reagieren".

Ohne die Preisbindung wären Arbeits- und Ausbildungsplätze bedroht, meint Kiepert. Zudem gebe es im Buchhandel "schon jetzt erhebliche Konzentrationsprozesse". Bei Libros Plänen frage er sich, "ob die Verlage mitspielen". Rätselhaft sei auch, wie die Firma Profit machen wolle. Gewähre sie Rabatte und zahle auch das Porto, dann sei dies "ruinös". Wälze Libro die Versandkosten dagegen auf die Kunden ab, schrumpfe der Rabatt stark.

Überhaupt hat Kiepert gewisse Zweifel an der Seriosität der Libro-Ankündigungen. Gerade erst habe das Unternehmen eine Abmahnung von der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs erhalten. Denn in der Werbung für die neue Berliner Filiale sei ein Roman beworben und dabei "ein normaler Preis als Discount bezeichnet" worden.

Hugendubel will die Schritte gegen Libro abstimmen und führt dazu laut Filialchef Sebastian Blenninger von der Tauentzienstraße "Unterhaltungen mit unseren Handelspartnern und dem Börsenverein". Auch er bezweifelt, dass Libro an den Billig-Büchern verdienen kann. Allein der Versand koste schätzungsweise acht bis neun Mark. Wegen des Portos lohne es sich zum Beispiel auch nicht für den Internet-Versand "Amazon", deutschsprachige Bücher aus den USA nach Deutschland zu liefern. Amazon habe daher ein deutsches Lager - und befolge die Preisbindung.

Für "Divan"-Inhaberin Kießling kommt es "nicht in Frage", Tricks wie Libro zu benutzen, obwohl auch sie selbst über das Internet im Vorjahr rund 500 000 Mark Umsatz machte. "Man sollte sich der Kultur des Landes unterwerfen", findet sie. Im Übrigen werde der Internethandel "ein Randphänomen" bleiben: "Der Kauf eines Buches ist sinnlich, man will es in die Hand nehmen."

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