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Berlin: Medikamentenaffäre soll bis April aufgeklärt sein

Justizsenatorin Gisela von der Aue im Rechtsausschuss: Das Ausmaß des Skandals ist noch offen

Das Ausmaß des Medikamentenskandals in der Haftanstalt Moabit ist auch nach der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses völlig offen. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, sagte Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD). Es könne sein, dass man über das Ausmaß „erschrocken“ sei, möglich sei aber auch, dass der Schaden nur gering sei. Wie berichtet, sollen Angestellte der Anstalt über Jahre hinweg Medikamente unterschlagen und für sich behalten haben. Ob sie verkauft oder verschenkt wurden, ist noch nicht geklärt.

Am 19. September vergangenen Jahres hatte die Anstaltsleitung Strafanzeige gestellt. Erstmals sei der Vorwurf bereits am 11. August gegen eine Krankenschwester erhoben worden. Dass die Anzeige erst vier Wochen später gestellt wurde, begründete die Senatorin damit, dass ein wichtiger Zeuge im Urlaub gewesen war und der Anstaltsleiter die Strafanzeige nicht nur auf die Vorwürfe einer einzelnen Person stützen wollte. Von der Aue kündigte an, eine Chronologie der Vorgänge den Abgeordneten zur Verfügung zu stellen. Eine Panne gab es auch bei ihrer schriftlichen Dienstanweisung an die Haftanstalt Moabit, in der der Umgang mit Medikamenten neu geregelt werden sollte. Diese Dienstanweisung war erst mit vier Wochen Verspätung und auf Nachfrage der Verwaltung am 6. Februar umgesetzt worden. „Darüber bin ich auch nicht glücklich“, sagte von der Aue. Wer in dieser Zeit „darauf gesessen hat“, sei noch nicht geklärt worden.

Die Senatorin räumte weiter ein, dass „wir möglicherweise feststellen werden, dass es einen Zusammenhang mit den Klagen der Gefangenen über schlechte Versorgung gibt“. Wie berichtet, hatten seit Bekanntwerden des Skandals mehrere Gefangene Vorwürfe erhoben, dass sie keine oder zu wenig Medikamente erhalten hätten. Von der Aue hatte eine Arbeitsgruppe mit externen Fachleuten eingesetzt. Der Leiter dieser Arbeitsgruppe, Werner Heinrichs, leitender Ministerialrat beim Brandenburger Rechnungshof, betonte in der Ausschusssitzung, dass vor allem untersucht werden müsse, wer die Rechnungen für die Medikamente unterzeichnet habe. „Wir werden untersuchen, welche Fehler in der Vergangenheit gemacht wurden, um diese in Zukunft zu vermeiden.“ Die Untersuchungsgruppe will Anfang bis Mitte April erste Ergebnisse vorlegen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Andreas Gram (CDU), lobte den „ernsthaften Aufklärungswillen der Senatorin“. Allerdings hätten sich aus der „Fülle der Informationen viele weitere Fragen ergeben. Das Thema ist noch nicht beendet“, sagte er.

Im Ausschuss begründete die Senatorin den Rausschmiss ihres Staatssekretärs Christoph Flügge am Freitag vergangener Woche nur mit wenigen Worten: „Ich habe mich von Herrn Flügge wegen Meinungsverschiedenheiten getrennt“, sagte sie. Es habe Differenzen „im gesamten Justizbereich“ zwischen Flügge und ihr gegeben. Sein am Dienstag ernannter Nachfolger Hasso Lieber, früher Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Brandenburger Innenministerium, sagte: „Nach kurzem inneren, heftigen Ringen habe ich zugesagt.“

Zum Tod des Häftlings Eberhard Reichert am Sonntag in der Haftanstalt Tegel sagte von der Aue, dass die Justizbeamten „sehr zügig reagiert“ hätten. Nach ihren Angaben sei in der Gefängniskirche um 10.05 Uhr festgestellt worden, dass Reichert „gesundheitliche Schwierigkeiten“ habe. Es sei unverzüglich die Feuerwehr gerufen worden. Der Rettungswagen sei um 10.21 Uhr eingetroffen. Der Notarzt habe um 10.55 Uhr den Tod festgestellt. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wollte von der Aue in der öffentlichen Sitzung nicht zur Krankheit des Gefangenen Stellung nehmen.

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