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Berlin: Mediterraneo Risto Bar: Passend zum Urlaubsgefühl (Tischkritik)

Ach, lassen wir es mal leicht angehen heute. Keine Anläufe auf den Menügipfel, keine dumpfdeutsche Deftigkeit, statt dessen etwas, das zum Urlaubsgefühl passt: sizilianisch.

Ach, lassen wir es mal leicht angehen heute. Keine Anläufe auf den Menügipfel, keine dumpfdeutsche Deftigkeit, statt dessen etwas, das zum Urlaubsgefühl passt: sizilianisch. Anfänger seien gewarnt, denn diese Küchenrichtung ist von der norditalienischen Pasta-Risotto-Kultur ebenso weit entfernt wie die Scholle Finkenwerder Art vom bayerischen Leberknödel - eine andere Welt.

Und zwar keine Welt der großen Verfeinerung, sondern eine Bauernküche. Darauf macht schon die legere Trattorien-Atmosphäre aufmerksam, in der sich das "Mediterraneo" in Kreuzberg eingerichtet hat. Schlichte Tische und Stühle, Tischdecken und Servietten aus Papier, einige verstreute Tonscherben an den rustikalen Wänden - das würde nicht zu einer mediterranen Edelküche passen, und auch die recht überschaubaren Preise nicht.

Für den Kontakt mit dem Gast ist die akkurat arbeitende, äußerst aufmerksame Chefin mit dem genau richtig dosierten italienischen Akzent zuständig, der den ganzen Abend lang kein Detail entgehen wird. Sie berät, warnt vor zu großen Portionen, und es wäre fast zu schön, würde sie nun auch noch in sizilianischen Weinen glänzen - doch dieses Thema bleibt hier leider zugunsten sehr weniger ordentlicher Allerweltsabfüllungen völlig ausgespart; Flaschenkühler gibt es auch nicht.

Auch die Küche in der Mediterraneo Risto Bar ist offenbar ganz in Frauenhand, was wir gern sehen (nebenbei: weiß jemand, was aus dem "Blue Gout" geworden ist?), besonders bei italienischer Küche, denn das ist eine gewisse Garantie für authentische, unverkünstelte Arbeit. Nun ist die sizilianische Richtung deftig und sättigend, und sie passt sicher besser an die Hänge des Ätna als die des Kreuzbergs. Dennoch waren wir vor allem mit dem großen und vielseitigen Vorspeisenangebot ganz zufrieden. Köstliche Bällchen aus Lammhack mit Pinienkernen, Korinthen und Fenchelsamen, gleichermaßen in Kugelform gebackenes Safranrisotto, ein bodenständiges Püree aus Saubohnen mit eingelegten Dörrtomaten und die stets ziemlich fetthaltige Caponata, also geschmorte Auberginen mit Nüssen und Oliven - das sind hier die kompetent zubereiteten Kleinigkeiten, die als Kombination auf einem Teller schon einen ziemlich großen Hunger niedermachen; als Höhepunkt nahmen wir den in einem Kaktusfeigen-Gelee eingelegten Pecorino-Käse, der uns freilich an dieser Stelle weintötend süß schien und doch vielleicht besser auf eine Glanzrolle als originelles Dessert gewartet hätte.

Nudeln gibt es hier zwar in unsizilianisch vielen Varianten, doch unsere Kostprobe überzeugte uns weniger. Das lag zum Teil daran, dass die Bandnudeln mit Rucola sehr lau an den Tisch kamen, aber auch daran, dass der sehr herbe Rucola-Pesto eine eher fragwürdige Abwandlung des mit Basilikum zubereiteten Klassikers ist. Sehr schön dagegen die meeresfrische Dorade Royale, ganz ohne Schnörkel mit Olivenöl, Zitrone und ein paar Kräutern gebraten (je nach Größe um 30 Mark).

Sizilianisch? Nicht wirklich. Aber dafür gibt es dann wieder die typischen Desserts, beispielsweise mit Ricotta und kandierten Früchten gefüllte Teigröllchen ("Cannoli") oder ein Mandelparfait mit Schokoladensauce. Sie erinnern mit ihrer prononcierten Süße daran, dass Sizilien schon recht nahe an der zuckrigen arabischen Dessertkultur liegt ...

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