
© Jörn Hasselmann
Mehr Security und Reinigungskräfte: BVG weitet Sicherheitsprojekt auf die gesamte U8 aus
Das Projekt „Reinigungsstreife“ wird erweitert: Ab sofort sind auf der gesamten U-Bahn-Linie 8 zusätzliche Reinigungskräfte unterwegs, die von Sicherheitsleuten begleitet werden.
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Das im Februar von der BVG gestartete Projekt „Reinigungsstreife“ in der Berliner U-Bahn wird deutlich ausgeweitet. Dies kündigte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Donnerstagmittag an. Ab sofort sind auf der gesamten U-Bahn-Linie 8 zusätzliche Reinigungskräfte, die von Sicherheitskräften begleitet sind, unterwegs. Mitte Februar hatte die BVG das zunächst auf drei Monate befristete Programm „Reinigungsstreife“ im südlichen Abschnitt der U8 gestartet.
Auf einer Pressekonferenz im Bahnhof Jannowitzbrücke nannte BVG-Chef Henrik Falk den Test einen Erfolg. 81 Prozent der befragten 10.000 Fahrgäste hätten sich ebenfalls positiv geäußert. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten habe gesagt, dass es sauberer geworden sei. Die Zahl der Vorfälle, bei denen das Sicherheitspersonal einschreiten musste, sei um 75 Prozent gesunken.
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey lobte, dass der Erfolg deutlich zu sehen sei, weil nun „gewischt und nicht nur gefegt“ werde. Tatsächlich ist es zwischen Hermannstraße und Jannowitzbrücke sauberer und freundlicher geworden. So wurden im Bahnhof Kottbusser Tor die tristen Wände und Bauzäune bunt bemalt.
Laut Falk wurden in den drei Monaten 330 Kubikmeter Müll aus der U8 geholt. Wie viele Obdachlose der Bahnhöfe verwiesen wurden, konnte BVG-Vorstand Rolf Erfurt auf Nachfrage nicht sagen, „wir führen keine Strichliste“.
Die linke Szene protestierte am Donnerstag erneut gegen das Vorgehen von Polizei und BVG in der U-Bahn-Linie 8. Die Gruppe „Ihr seid keine Sicherheit“ kritisierte am Rande der Pressekonferenz, dass „Obdachlose aus den Zügen geworfen werden“. Beim Start hatte BVG-Vorstand Rolf Erfurt angekündigt, Obdachlose tagsüber nicht mehr auf den Bahnsteigen zu tolerieren. Gleichzeitig hatte Erfurt versichert, dass sie nachts nicht einfach „verdrängt“ werden sollen, sondern an professionelle Hilfe übergeben werden.
Nach eigenen Angaben kooperiert die BVG mit sozialen Trägern wie der Kältehilfe. Diese Kooperation wird nun in der zweiten Phase ausgeweitet. Auf Wunsch der BVG sollen Mitarbeiter der Stadtmission das eigene Personal im Umgang mit Obdachlosen, psychisch Kranken und Drogenabhängigen schulen. Die Sicherheitsteams der BVG haben künftig Broschüren der Kältehilfe mit Anlaufstellen für Obdachlose dabei.
Das dreimonatige Projekt kostete 700.000 Euro. Was die auf sechs Monate befristete zweite Phase kostet, wollte die BVG nicht sagen. Nur soviel: weniger als das doppelte. Intensiviert wurde, unabhängig von dem Projekt Reinigungsstreife, die Zusammenarbeit mit der Polizei. Wie Steffen Dopichay, stellvertretender Leiter der Polizeidirektion 5, sagte, wurden 2700 Einsatzkräftestunden während des U8-Projekts geleistet. Gemeinsame Streifen aus BVG und Polizei gibt es seit einiger Zeit auch wieder auf der U1 in Kreuzberg.

© BVG
Längere Speicherfrist für Videoaufnahmen
Wie berichtet, wollen Senat und BVG, dass die Speicherfristen für Videoaufnahmen in Fahrzeugen und Bahnhöfen von derzeit 48 auf 96 Stunden verdoppelt wird. Der Regierende Bürgermeister berichtete, dass man sich im Senat einig in der Sache sei – einen Termin wollte Wegner aber nicht nennen. Dies diene der Sicherheit, sagten Wegner und Falk.
In der Vergangenheit hatte es zahlreiche Fälle gegeben, wo Straftaten nicht aufgeklärt werden konnten, weil die Aufnahmen bereits überspielt waren. Dem Vernehmen nach gibt es in der SPD Stimmen, dass 96 Stunden zu lange seien. Die Speicherfrist war zuletzt im Jahr 2012 von 24 auf 48 Stunden verlängert worden, vorangegangen war ein langer Streit im Parlament, Grüne und Linke waren prinzipiell dagegen.
Dass das Projekt ausgeweitet wird, war für Beobachter keine Überraschung. Erst kürzlich hatte Wegner in einem Bürgergespräch versprochen, sich um mehr Sauberkeit und Sicherheit zu kümmern. Vor allem auf der U8 hatten sich in den letzten Jahren die Probleme mit Drogenkonsum und Drogenhandel gehäuft, Fahrgäste ärgerten sich über Gewalt, Dreck und in Stationen hausende Obdachlose. Alle Beteiligten ließen am Donnerstag keinen Zweifel daran, dass auch die auf sechs Monate befristete zweite Phase anschließend in eine dauerhafte Lösung umgewandelt wird, möglicherweise mit weiteren Linien.
Linke Gruppe kritisiert „wenig Raum für alternative Vorschläge“
Die Gruppe „Ihr seid keine Sicherheit“ präsentierte am Donnerstag Zahlen zu einer eigenen Umfrage. Demnach hätten 82 Prozent von 1200 Befragten das Pilotprojekt als nicht sinnvoll eingestuft. Nur elf Prozent hätten angegeben, sich durch das BVG-Personal sicherer zu fühlen. Über 50 Prozent hätten sich dagegen vom Sicherheitspersonal „eingeschüchtert oder beängstigt“ gefühlt.
„Wir haben mit Menschen in den Zügen gesprochen und sie zu ihren Erfahrungen befragt“, teilte die Gruppe mit. Zudem sei eine Abstimmung online möglich gewesen. Weitere Angaben zur statistischen Relevanz machte die Gruppe nicht. Dagegen kritisierte sie die BVG-Umfrage, „die wenig Raum für Kritik und alternative Vorschläge ließ“. Die von der linken Gruppe geforderte Öffnung von U-Bahnhöfen als Notschlafplatz im Winter wird es nicht mehr geben. Einige Jahre lang hatte die BVG im Winter drei „Kältebahnhöfe“ nachts geöffnet. Darum gab es viel Streit, letztlich stoppte die BVG die Öffnung aus Sicherheitsgründen.
„Ihr seid keine Sicherheit“ ist seit einigen Jahren in Berlin aktiv. Die Gruppe kämpft nach eigenen Angaben „gegen die strukturelle Gewalt von Polizei und Sicherheitsbehörden“.
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