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Immer gern mit dicken Autos unterwegs: Der Berliner Senat. Die Aufnahme entstand am Dienstag vor dem Hellersdorfer Rathaus.

© Pilick/dpa

Michael Müller, der Senat und Olympia: Fünfzehn Wagen ostwärts

Michael Müller und Frank Henkel haben die Olympia-Pleite bei einem Trip nach Marzahn-Hellersdorf aufgearbeitet - oder auch nicht. Vorgefahren wurde volksnah in schwarzen Limousinen.

Vor dem Hellersdorfer Rathaus hat sich eine Wagenburg aufgebaut, 15 glänzend schwarze Limousinen der Oberklasse, abgestellt auf dem Vorplatz, der normalsterblichen Autofahrern verschlossen ist. Während sich das Ordnungsamt erzürnt am Journalistenbus abarbeitet, sitzt der komplette Senat oben im zweiten Stock, um seinen Sinn für bezirkliche Befindlichkeiten zu demonstrieren. Drunten laufen unterdessen amüsierte Passanten vorbei. „Wenn se umweltbewusst wären“, sagt eine Frau, „wärn se alle mit dem Fahrrad gekommen.“

Aber einen solchen Status-Absturz erspart Michael Müller seinen Leuten einen Tag nach dem olympischen Scheitern. Er macht ebenso wie sein Olympia-Senator Frank Henkel allerdings nicht den Eindruck, als habe er eine schlaflose Nacht hinter sich, plaudert fröhlich drauflos und weist die Idee einer allzu tiefgründigen Fehlersuche zurück: Es sei nun mal müßig, darüber zu spekulieren, „wäre es denn nun besser gewesen mit einer Fahne mehr oder einem anderen Logo, oder wenn in dem Team nicht fünf statt acht gewesen wären“. Sprachregelung: Dem DOSB sei das Ergebnis der Stimmungsumfrage wichtiger gewesen als Berlins internationale Bekanntheit und die Erfahrung mit Sportveranstaltungen, das hätte man auch anders gewichten können.

Solch leichtfüßiger Übergang zur Tagesordnung mag als professionell durchgehen oder als Zeichen dafür, dass die Verantwortlichen ohnehin keine Lust hatten auf die nervige Durchsetzerei gegen eine störrische Bevölkerung ohne große Erfolgsaussichten. Müller und Henkel fügen dann auch gleich eine weitere Interpretation hinzu, nämlich jene, dass Hamburg den Zuschlag für 2024 oder 2028 erhalten habe und somit auch am Zuge sei, wenn es 2024 nicht funktioniere; Staatssekretär Tim Renner, der vorher im Radio vorwitzig über einen neuen Anlauf Berlins spekuliert hatte, war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon abgefahren.

Während der Regierende Bürgermeister vor den Journalisten noch den Abstieg aus dem olympischen Vorhimmel vollzieht, hat die Regie für ihn schon Termine in Bodennähe vorbereitet. Ganz einfach war es offenbar nicht, dort weithin leuchtende Vorzeigeprojekte zu finden, aber es gibt ja zumindest das „Helleum“, wo Grundschulkinder aus dem Bezirk unter Anleitung naturwissenschaftlich experimentieren dürfen. Drinnen pustet es aus Dutzenden von Haartrockner, weil gerade das Thema Wind behandelt wird, Müller geht zutraulich in die Knie und plaudert mit den Kindern – die scheinen ihn zu mögen und er sie, das ist eine gute Grundlage für weitere Bezirksbesuche. Ja, das sei der Bürgermeister, sagen die Kinder dann, das sei schon toll, den haben sie auch mal im Fernsehen gesehen.

Hier wird’s mal grün. Michael Müller beim Rundgang mit Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (l.) und Iga-Chef Christoph Schmidt.
Hier wird’s mal grün. Michael Müller beim Rundgang mit Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (l.) und Iga-Chef Christoph Schmidt.

© Davids/Darner

Ganz in seinem Element ist der Ex-Stadtentwicklungssenator dann, als er vom Geschäftsführer Christoph Schmidt über die wüsten Ländereien geführt wird, auf denen 2017 die Internationale Gartenschau den nächsten Touristen-Blockbuster abgeben soll. Schmid ist keiner mit dem BER-Bazillus, der dirigiert seine Bulldozer mit leichter Hand und gerät auch nicht ins Wanken, wenn – wie an diesem Morgen – auf dem Gelände mal wieder eine alte Flakstellung der Wehrmacht ausgegraben wird.

Für Müller ist das ein Heimspiel, er kennt alle Beteiligten und plaudert mit ihnen auf Augenhöhe, das genossische Du ist der Normalfall, und schließlich ist da ja auch noch der Parteifreund und Bezirksbürgermeister Stefan Komoß, dem ein solches Projekt naturgemäß mehr Spaß macht als die Personalnot der Bürgerämter oder andere kommunale Schwarzbrotprojekte, und der auch noch den ein paar Hinweise geben kann zum Kampf gegen die Wohnungsknappheit.

Müller, die Niederlage gegen Hamburg weit zurückschiebend, ist jedenfalls gut drauf und mit seinem Jobwechsel zufrieden. „Man muss sich dran gewöhnen an diese Öffentlichkeit und die Begleitung und an diese repräsentativen Termine“ , sagt er in ein Mikrofon. „Aber ich fremdele nicht mit dem Amt und habe viel Spaß und fühle mich auch gut begleitet.“ Dann rasch in den Dienstwagen. Ein präsentables Innovationszentrum haben seine Leute auch noch gefunden in Marzahn-Hellersdorf.

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