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Ich bin ein BERLINER (69): „Micky Maus in Moabit“

Fred Leist hat sie alle: Micky Maus, Tarzan, Lucky Luke. Seit 40 Jahren verkauft er Comics in Moabit. In unserer Serie "Ich bin ein Berliner" erklärt er, wie sich das Geschäft geändert hat.

Meinen Romane-Stand in der Arminius-Markthalle habe ich seit 40 Jahren. Ich verkaufe alles Mögliche, von Lucky Luke über Micky Maus, Tarzan, Westernhefte, Utopia-Hefte, Liebesromane, Krimis, Taschenbücher ... viele Raritäten. Alles wird getauscht: zwei zu eins. Das wird dann verrechnet.

Aufgewachsen bin ich in Charlottenburg. Als Kind habe ich Fix und Foxi gelesen, Robinson, Prinz Eisenherz. Meine Mutter war sauer, wenn ich früher vor der Schule gelesen habe, sie hat die Hefte in den Ofen geschmissen. Später bin ich nach Moabit gezogen. In der Zeitung habe ich den Immobilienteil gelesen, der hat mich interessiert. Irgendwann stand da drin: Romanheft- Tauschladen zu verkaufen. Da sagte ich meiner Frau: Das wäre doch was!'

Wir haben klein angefangen, mit der Zeit ist das Geschäft dann gewachsen. Drei Läden hatten wir und acht Angestellte. Die schönste Zeit war nach dem Mauerfall: Da wurde alles leer gekauft, Wahnsinn. Aber die goldenen Zeiten sind vorbei. Durch Ebay sind die Preise runter gegangen, jeder hat zuhause irgendwas und kann das selbst verkaufen.

Angestellte habe ich schon längst keine mehr, der Laden ist mein einziger. Hier ist die Urzelle. Es gibt Kunden von mir, die sagen: Wenn Sie mal weg sind, höre ich auf zu lesen’. Manche kommen seit Jahrzehnten zu mir, eine seit mehr als 40 Jahren. Die liest dann immer ihre Arztromane. Eine andere Kundin, ich kenne ihren Namen nicht, die kommt auch schon ewig. Ich nenne sie Frau Silberpfeil, weil die früher, als junges Mädel, Silberpfeil gelesen hat.

Viele meiner Kunden sind schon älter, die jüngeren kommen meist wegen der Comics. Bücher und so lesen die alle auf ihren Ebooks.

Fred Leist, 69, aus Moabit: "Hier ist die Urzelle"

© Müllenberg

Vor 50 Jahren - am 26. Juni 1963 - hielt John F. Kennedy seine berühmte Berliner Rede. Hier erzählen 100 Berliner, was ihnen diese Worte bedeuten - und wie sie die Stadt heute erleben. Siemens unterstützt das Tagesspiegel-Projekt. Alle bisher erschienen Videos zu der Serie "Ich bin ein Berliner" finden Sie unter: www.tagesspiegel.de/berliner

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