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Die Grundschule in Wedding.

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Update

Missbrauch an Weddinger Grundschule: Tatverdächtiger muss in U-Haft

Im Missbrauchsfall an einer Weddinger Grundschule hat die Polizei einen dringend Tatverdächtigen verhaftet. Der 30-jährige Grieche ist bereits als Exhibitionist polizeibekannt, ein früheres Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

Nach dem Missbrauchsfall an einer Grundschule in Berlin ist ein 30 Jahre alter Mann wegen dringenden Tatverdachts in Untersuchungshaft gekommen. Er sollte in die Haftanstalt im Stadtteil Moabit gebracht werden, wie ein Polizeisprecher am Samstag sagte. In den ersten Vernehmungen habe der Mann geschwiegen. Ihm wird vorgeworfen, am 1. März auf der Toilette einer Grundschule in Berlin ein achtjähriges Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Die DNA des dringend Tatverdächtigen werden derzeit mit Spuren am Tatort abgeglichen, ein Ergebnis liegt aber noch nicht vor.

Nach Erkenntnissen der Ermittler soll er in seiner Jugend durch eine exhibitionistische Handlung aufgefallen sein. Das Verfahren gegen den damals noch nicht Volljährigen sei aber eingestellt worden, sagte ein Sprecher der Polizei.

Den entscheidenden ersten Hinweis auf den Weddinger Sexualstraftäter kam durch eine Funkzellenabfrage. Wie üblich bei schweren Straftaten hatte die Polizei bei den Mobilfunk-Anbietern eine Liste aller Nutzer erhalten, die zur Tatzeit am 1. März in der Nähe der Humboldthain-Grundschule telefoniert haben, an der eine Grundschülerin vergewaltigt worden war. Um diese Abfrage von Verbindungsdaten war vor Wochen intensiv diskutiert worden, nachdem der Umfang der Datenerhebung bei der Fahndung nach Autobrandstiftern bekannt geworden war.

Weitere Ermittlungen der Polizei erhärteten dann den dringenden Tatverdacht gegen den 30-jährigen Konstantinos M. Am Freitag früh erließ ein Richter Haftbefehl wegen Vergewaltigung, gegen 13.30 Uhr wurde der Grieche von einem Spezialeinsatzkommando in seiner Wohnung an der Kameruner Straße in Wedding festgenommen. M ist unter anderem wegen Exhibitionismus polizeibekannt. Wie M. auf einer Internetseite bekannt gibt, war von 1988 bis 1994 selbst Schüler auf der Humboldthain-Grundschule, wie aus einem Profil in einem sozialen Netzwerk hervorgeht.

Am 1. März soll M. an der Grundschule die achtjährige Schülerin in einer Toilette eingeschlossen und sexuell missbraucht und dabei mit einem Messer bedroht haben. Die DNA des Verdächtigen wird jetzt mit dem am Tatort gefundenen Sperma abgeglichen. Dem Vernehmen nach ist M. nicht in der DNA-Kartei des Bundeskriminalamtes gespeichert gewesen. Wie berichtet, war der 30-Jährige am Tattag in der Schule aufgefallen und angesprochen worden. Da er den Namen eines Lehrers nannte, den er suche, hatte er einen plausiblen Grund für seine Anwesenheit vorbringen können – als ehemaliger Schüler kannte er natürlich die Pädagogen dort.

Nach Angaben von Nachbarn hatte M. zuletzt als Koch gearbeitet, soll seit mehreren Monaten aber arbeitslos gewesen sein. Er wohnt jetzt an der Kameruner Straße in Wedding – etwa drei Kilometer vom Tatort entfernt. Nachbarn berichteten, dass er einige Male aufgefallen sei, weil er unter Alkohol seinen Hund geschlagen haben soll. Bei dem Tier soll es sich um einen Dobermann handeln.

Der Fall war erst am Donnerstag bekannt geworden – bis dahin hatten Polizei und Staatsanwaltschaft wie üblich bei diesem Delikt geschwiegen. Zum Schutz der Opfer melden die Behörden Fälle von sexuellen Missbrauch extrem selten.  Eine Ausnahme wird nur bei der Fahndung nach Serientätern gemacht, hier überwiegt die Sorge, dass es weitere Opfer geben könnte. Der Weddinger Fall war von der Staatsanwaltschaft nur veröffentlicht worden, weil mehrere Zeitungen Kenntnis hatten, darunter der Tagesspiegel. Einen Zusammenhang mit den anderen Vorfällen, schließen Ermittler aus.

Neben der schweren Weddinger Tat und dem Fall an der Victor-Gollancz-Schule in Frohnau hat die Polizei am Freitag einen dritten Vorfall bestätigt, über den die „Bild“-Zeitung berichtet hat: Am 10. Februar soll ein Mädchen auf dem Weg zur Fläming-Grundschule in Friedenau von einem Mann „an die Hand genommen worden“ sein. Der Mann habe keine sexuellen Forderungen gehabt oder sie bedroht, sagte ein Polizeisprecher.  Das Mädchen habe sich gewehrt, worauf der Mann weggegangen sei. „Die Schülerin hat dann den Lehrern Bescheid gegeben“. Ermittelt wird bei der Polizei nun wegen Nötigung. Trotzdem wurde der Fall an das Dezernat für Sexualdelikte beim LKA gegeben, weil alle Fälle, die unter Umständen zu den anderen Taten passen würden, in den Blick genommen werden.

„Man kann Schulen nicht hundertprozentig sicher machen“, sagt Inge Hirschmann, Rektorin an der Kreuzberger Heinrich-Zille-Grundschule und Sprecherin des Grundschulverbandes. Sie spricht sich dafür aus, in den Schulen den Grad der sozialen Kontrolle zu erhöhen und zwar durch „kleinteilige Lösungen“. So sollten Lehrer darauf achten, dass Kinder mindestens zu zweit im Schulgebäude unterwegs sind. Unbekannte Personen müssten von Lehrern oder Erzieher angesprochen werden. Insbesondere Hausmeister könnten eine wichtige Rolle bei der Erhöhung der Sicherheit spielen. „Doch leider ist die Hausmeisterfunktion in den letzten Jahren radikal heruntergespart worden“, beklagt Hirschmann. Landeselternsprecher Günter Peiritsch sieht hier den Senat in der Pflicht. „Die Schulen brauchen bessere Schließsysteme und Klingelanlagen, aber auch genügend Personal, um Besucher in Empfang zu nehmen.“ Der Senat könne die Verantwortung dafür nicht den Bezirken aufbürden, wohlwissend, dass deren Kassen leer seien.

Peiritsch fordert aber auch die Eltern auf, ihr eigenes Verhalten zu überdenken. Sie sollten sich überlegen, ob es notwendig sei, das Schulgelände zu betreten. „Je weniger Eltern sich auf dem Gelände aufhalten, desto übersichtlicher ist es.“ (mit dpa)

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