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Berlin: Mit Gagaismus gegen Randalierer

Klaus Wowereit und Dieter Kosslick blödeln bei der Berlinale – und ignorieren die Demonstranten

Und was machen die Stars nach dem Schluss-Applaus? Nach der letzten Verbeugung werden sie ins Adagio geführt, jenen Club unten im Berlinale-Palast, der ein bisschen aussieht wie die Kulisse eines Fantasy-Films. Dort ist auf der Galerie ein VIP-Bereich eingerichtet, von dem aus sie auf die Büfetts des normalen Partyvolks heruntergucken können, die exakt so bestückt sind wie ihre eigenen, mit viel Gemüse und Fisch. Die Schauspieler aus „Cold Mountain“ stehen aber eher schüchtern in der Gegend herum, plaudern mit Kollegen und machen Pläne, was sie sich angucken wollen in Berlin. Auf jeden Fall die Nationalgalerie. Und natürlich das Pergamonmuseum. Harvey Weinstein durchpflügt voluminös und krachend die Reihen und redet auch so: „Ich bin wirklich sehr stolz heute Abend. Fantastische Kritiken. Tolles Publikum. Könnte nicht besser sein.“

Nun – die Kritiken an dem kitschigen Antikriegsfilm sind nicht nur enthusiastisch. Die Reaktionen auf Berliner Demonstranten übrigens auch nicht. Eine typische Hamburger oder Münchner Antwort auf den Satz „Randale gehört hier zur Folklore“ lautet: „Aber wenn man schon mal die Chance hat, dass die Welt auf einen blickt, dann reißt man sich doch zusammen.“ Klaus Wowereit sieht das ähnlich. Er hat sich zusammen mit seinem Lebensgefährten Jörn Kubicki, Alfred Biolek und zwei Unbekannten an einen Tisch mit guter Aussicht zurückgezogen. „Wenn die nur mich auspfeifen würden, ginge das ja in Ordnung“, sagt der Regierende Bürgermeister. „Aber die sägen an dem Ast, auf dem sie selber sitzen, und merken es nicht mal.“

In weitem Bogen deutet er mit der Hand über die mit Filmleuten voll gestopfte Wichtig-Galerie. „Solche Veranstaltungen bringen doch das Geld erst in die Stadt, mit dem sich später vielleicht mal Forderungen erfüllen ließen.“ Den nächsten Demo-Termin kennt er schon und seufzt ein bisschen. Hat sich so viel geändert, nur die dummen Randalierer kriegen das nicht mit.

Zusammen mit Berlinale-Chef Dieter Kosslick führt er in diesen Nächten den neuen Stil lustvoll vor. Während die Staatsministerin Christina Weiss die Gäste mit einer kulturvoll konventionellen Rede begrüßt, blödeln die beiden, als wollten sie den Gagaismus aus der Taufe heben. Vor den Augen von Faye Dunaway und Oscar-Preisträgerin Frances McDormand witzeln sie über australische Beuteltiere namens Wowi und Berlinale-Chefs, die sich einen Dinosaurier ins Wappen nehmen könnten. Oder einen Clown. Diese lässige, liebstrenge Art, mit der Dieter Kosslick sowohl Stars dirigiert wie auch Fotografen zur Ordnung ruft, ist immer für einen Lacherfolg gut. „Hope and humour“ lautet sein inoffizielles Berlinale-Motto. Gute Laune zeigt auch Armin Mueller-Stahl, der mitten im Trubel an einem der geschmückten Tische Platz nimmt – nicht gerade lauschig. Fan-Pflege ist eben Arbeit.

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