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Berlin: Mit Gefühl und Stimme

Eb Davis ist mit Ray Charles und B.B. King aufgetreten. Am 11. Mai singt er bei „Soul’n’Dine“ im Hyatt

Stilvoller und lässiger kann man wohl kaum in einem Gartensessel aus Plastik fläzen: Tief in den Sitz gerutscht und weit zurückgelehnt sitzt Eb Davis vor einem unscheinbaren amerikanischen Diner in Zehlendorf. Wobei: Das Wort sitzen trifft es vielleicht nicht ganz – der Sänger thront vielmehr. In einem eleganten braunen Anzug, mit weißem Hut, an der Krempe eine Feder, an den Fingern mehrere große Goldringe. Stolz, voller Ruhe und ein bisschen unnahbar.

Eb Davis zieht die Blicke auf sich und, so scheint es, genießt das auch. Er spielt die Rolle des Exoten, seit er vor 25 Jahren seine Heimat Memphis verließ und nach Berlin kam. Ein ungewöhnlicher Schritt für einen Künstler, dessen Herz für Soul und Blues schlägt, schließlich gilt Deutschland nicht gerade als Hochburg der schwarzen Musik. Doch der 59-Jährige wiegelt ab: „Hier hören die Menschen mehr Blues als man glaubt. Außerdem gibt es weitaus mehr Blues-Festivals als in Amerika.“ Hinzu kommen Events wie „Soul’n’Dine“ im Grand Hyatt Hotel, bei dem der Sänger am 11. Mai gastiert (siehe Kasten).

Mag sein, dass sich dem Sänger in Deutschland mehr Möglichkeiten für Auftritte eröffnen. Einer wie Davis, der so viel Gefühl, Melancholie und Kraft in seine Stimme legt, ist einzigartig, den wollen Blues-Fans aller Altersstufen sehen und hören. Deshalb tourte er gerade eben wieder durch den Westen des Landes. Auf den wirklich großen Durchbruch, auf Ruhm, Erfolg und Berühmtheit, zu dem es so ein Talent vermutlich in Amerika bringen würde, wird er hier allerdings vermutlich vergeblich warten. „Das ist mir aber auch nicht wichtig“, sagt Davis mit Bestimmtheit. Er selbst hat miterlebt, was passiert, wenn einem all das zu Kopfe steigt: Sein Bruder, einer von 13 Geschwistern, stand als Sänger in den USA vor einer großen Karriere, doch als der Druck immer stärker wurde, flüchtete er sich in den Alkohol. Kurze Zeit später verstarb er an Leberversagen.

Nein, so ein Leben, so ein Dasein sei Davis Sache nicht. Er begnügt sich lieber damit, seinen Unterhalt einigermaßen zufrieden stellend mit seiner Musik bestreiten zu können. Frei von Zwängen und Erwartungen. 21 Alben hat er in den mehr als 35 Jahren seines Künstlerdaseins bereits aufgenommen, zurzeit arbeitet er, zwischen Festivalauftritten und kleineren Gigs, bereits am nächsten Werk, gemeinsam mit seiner Frau, der Blues-Pianistin Nina T. Davis. Sicher habe er auch etliche außergewöhnliche Momente im Lauf der Jahre erlebt: Mit Ray Charles stand er vor 60000 Zuschauern auf einer Bühne, er trat mit B.B. King auf oder wurde für ein Privatkonzert auf eine karibische Insel eingeflogen, um Stars wie Denzel Washington, Shania Twain oder Johnny Depp zu unterhalten. Und einmal, bei einem Konzert in den USA, sind bei seinem Gesang die weiblichen Besucher in Ekstase geraten, haben geweint, geschrien und ihn angefasst, dass seine Mutter, eine zutiefst gläubige Frau, den Konzertsaal empört mit den Worten verließ: „Das ist die Musik des Teufels.“

All das versucht Davis möglichst beiläufig zu erwähnen, dennoch schwingt dabei Stolz mit. Gerne erzählt er auch diese Anekdote: Vor etlichen Jahren sei er einmal unverhofft einem berühmten Footballspieler begegnet. Noch bevor er, Davis, auch nur ein Wort über die Lippen brachte, sagte der Sportstar, er wolle doch sicher ein Autogramm von ihm. „Wie?“, habe Davis ihn da verwundert angeblickt, „ich dachte, sie wollten eins von mir.“

Davis muss lachen, wenn er von dieser Begegnung berichtet. Es ist ein warmes, ein herzliches Lachen. Vielleicht liegt in dieser Erzählung auch die Erklärung dafür, dass Eb Davis so glücklich und zufrieden wirkt: Erfolg und Anerkennung sind eben immer eine Frage der Perspektive.

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