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Das Märkische Viertel von oben.

© Thilo Rückeis

Modernisierung in Reinickendorf: Das Märkische Viertel glänzt wie neu

Im Märkischen Viertel gab es Grund zu feiern: 560 Millionen Euro wurden dort in die ökologische Sanierung gesteckt. Nach der Modernisierung kann sich das Viertel in Reinickendorf wieder sehen lassen.

Die Politik hinkt der Realität häufig hinterher, zumal in Berlin. Im Fall der Modernisierung des Märkischen Viertels war es aber nicht weiter schlimm, dass zwischen dem eigentlichen Abschluss der Arbeiten und dem „politischen Festakt“ fast ein halbes Jahr lag – denn auf den hatten die Bewohner der hochgewachsenen Kleinstadt am Rande Reinickendorfs sicher weniger dringend gewartet als die Verantwortlichen, die ganz überwiegend woanders wohnen. So konnte für die Feier ein großes Zelt am Wilhelmsruher Damm genutzt werden, und der 25. Mai bot sich auch deshalb an, weil die Gesobau, der Träger des Sanierungsprogramms, an diesem Tag 116 Jahre alt wurde.

Der Stolz der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft ist berechtigt: In acht Jahren hat sie 13.532 Wohnungen mit rund 30.000 Bewohnern grundlegend erneuert und dabei 560 Millionen Euro ausgegeben. Allein drei Millionen Fliesen wurden verbaut – es war praktisch der Umbau einer kompletten Kleinstadt im bewohnten Zustand, und das voll im Kosten- und Zeitplan. Am meisten freuen sich aber alle Verantwortlichen darüber, dass ein heikles Versprechen übererfüllt werden konnte: Um nicht mehr als vier Prozent sollte die Bruttowarmmiete für Bestandsmieter steigen – 2,4 Prozent sind es geworden. Dass das geklappt hat, liegt aber nicht nur am politischen Willen und der Bereitschaft der Gesobau, weniger Kosten umzulegen als gesetzlich möglich, sondern auch am energietechnisch verheerenden Zustand der Häuser, an denen seit der Erbauung in den sechziger Jahren nichts Grundlegendes mehr gemacht worden war.

80 Prozent weniger CO2

Hier waren riesige Einsparungen möglich, die den Mietern unmittelbar zugutekommen; die Rede ist vom „größten energetischen Modernisierungsprojekt im deutschen Wohnungsbau“: Das Viertel produziere nun 80 Prozent weniger CO2 als vorher, jährlich 39. 000 Tonnen weniger. Jörg Franzen, der Gesobau-Vorstandschef, zog eine Bilanz des Projekts, lobte alle, die dessen weitgehend geräuschlosen Ablauf organisiert hatten und nannte als „größten Aufreger“ den Streit um die bei den Mietern extrem beliebten Müllschlucker, die aus ökologischen Gründen nicht überleben konnten. Ein großer grundsätzlicher Planungsfehler konnte nicht überwunden werden: die fehlende U-Bahn-Anbindung. „Mit der U-Bahn wird alles noch viel besser“, sagte Franzen. Ein frommer Wunsch, denn Senatschef Michael Müller, der nach ihm redete, stellte klar, dass für eine neue U-Bahn-Linie kein Geld da sei – man werde aber versuchen, zumindest jene Anlagen zu nutzen, die bereits vorhanden seien.

Das Märkische Viertel feiert: Der Regierende Bürgermeister kam auch zum Festakt.
Das Märkische Viertel feiert: Der Regierende Bürgermeister kam auch zum Festakt.

© Thilo Rückeis

Vor der Veranstaltung hatte er am Wilhelmsruher Damm zusammen mit dem SPD-Abgeordneten Thorsten Karge bereits für Fotos posiert, freundlich lächelnd inmitten von Pappkartons, die den Bahnhof „Märkisches Viertel“ symbolisierten. So oder so ist das Märkische Viertel, das längst den Status eines eigenen Ortsteils genießt, ein gutes Beispiel dafür, dass es mit Großsiedlungen nicht immer nur bergab gehen muss. Aus der einstigen „Trabantenstadt“, die innerhalb weniger Jahre in eine tote und feuchte Ecke im Schatten der Mauer gemörtelt worden war, ist zwar nicht unbedingt ein städtebauliches Schmuckstück geworden, aber doch eine vorzeigbare Siedlung, die eine Menge Probleme überwunden hat.

Überalterung und Kriminalität sind vergangen

Das betrifft nicht nur die Energieeffizienz, sondern vor allem den sozialen Bereich. Das Viertel ist in die Mitte der Stadt gerückt, es hat die kritischen Phasen seiner Vergangenheit, als Überalterung, soziale Schieflagen und Kriminalität das Bild bestimmten, weitgehend hinter sich gelassen. Noch vor gut zehn Jahren wurden händeringend Mieter für leer stehende Wohnungen gesucht, die man sogar mit drei mietfreien Monaten lockte. Die Arbeit der Gesobau, die im Viertel mit Abstand die meisten Häuser besitzt, habe an der positiven Entwicklung einen großen Anteil, hieß es – die Redner überboten sich geradezu im Lobpreis der landeseigenen Wohnungsbauunternehmen, auf denen nun die Aufgabe laste, das wachsende Berlin mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen.

Das Märkische Zentrum (Mitte) soll noch überarbeitet werden.
Das Märkische Zentrum (Mitte) soll noch überarbeitet werden.

© Thilo Rückeis

Große Hoffnungen setzen die Beteiligten darauf, dass die angekündigte Überarbeitung des „Märkischen Zentrums“ gelingt, damit künftig auch das Einkaufen an Ort und Stelle mehr Vergnügen bereite. Ein Randaspekt dieser Aufhübschung soll bereits in naher Zukunft erledigt sein: Franzen kündigte an, dass seine Gesellschaft auf eigene Kosten 20 Hotspots für freien W-Lan-Empfang im Viertel einrichten werde, nachdem klar geworden sei, dass das Innenstadt-Programm des Senats nicht bis nach draußen reichen werde. Er wird damit bestimmt eher fertig sein.

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