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Berlin: Nach dem Machtwechsel: Der Sommersenat stürzt sich in die Arbeit

Scheiden tut weh. Seit Montag ist der bisherige Senatssprecher Michael-Andreas Butz (52), CDU) Frühpensionär, am Dienstag erscheint er wie immer seit neun Jahren nach der Senatssitzung im Pressezimmer des Roten Rathauses und steuert "seinen" Platz an, dort, wo die Mikrofone stehen.

Scheiden tut weh. Seit Montag ist der bisherige Senatssprecher Michael-Andreas Butz (52), CDU) Frühpensionär, am Dienstag erscheint er wie immer seit neun Jahren nach der Senatssitzung im Pressezimmer des Roten Rathauses und steuert "seinen" Platz an, dort, wo die Mikrofone stehen. Sein Nachfolger Helmut Lölhöffel lässt es schmunzelnd geschehen. Der neue Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) steht wartend in der Tür, bis der allerletzte Butzsche Abschied von der Presse vorbei ist.

Zum Thema Online Spezial: Machtwechsel in Berlin Wowereit hat wenig Zeit. Er muss noch in seine Fraktion, er muss dann noch ein Gespräch mit dem Chef der Bankgesellschaft, Wolfgang Rupf, führen. Und abends will er sich im Madonna-Konzert sehen lassen. PR ist alles. Aber davon berichtet Lölhöffel erst später, aus Sicherheitsgründen.

Erst noch einmal Butz. Dann kann der Alltag im diesmal total überfüllten Pressezimmer beginnen. Vier Dutzend Journaisten müssen stehen, einige sitzen auf der Unterstange eines Garderobenständers, und es gibt zu wenige Exemplare des Pressedienstes. Das Interesse an der ersten Arbeitssitzung ist groß. "Das Klima ist gut", sagt der Regierende knapp. Die schwere Bürde in turbulenter Zeit lässt er sich nicht anmerken, wie er so über die wichtigsten Aufgaben für seine "100 Tage bis zu Neuwahlen" redet. Sagte jemand "Sommersenat"?

Wowereit spricht vom Tempo, das der Senat vorlegen muss, von der Prüfung struktureller Einsparungen, vom Nachtragshaushalt, von der Suche nach dem richtigen Konzept für die Bankgesellschaft, von der bevorstehenden Ministerpräsidentenkonferenz zum Länderfinanzausgleich. Das haben wir alles schon vom alten Senat gehört. Personalien wurden beschlossen. Statt 20 gibt es nun nur noch 15 Staatssekretäre. Im Bundesrat muss man sich an neue Vertreter Berlins gewöhnen. Der Regierende Bürgermeister heißt nicht mehr Eberhard Diepgen. Alle Senatoren dürfen prüfen, ob sie Änderungswünsche für den Nachtragshaushalt haben. "Es kann auch gerne mehr sein", hat ihnen Wowereit gerade gesagt - bei den Kürzungen.

Wie war es in den zweieinhalb Stunden im Senat wirklich? Du liebe Güte, der Regierende sitzt auch weiter am Kopfende, und die Protokollführer der Senatskanzlei sind immer noch dieselben. Auch Abteilungsleiter Norbert Kaczmarek ist unentbehrlich, schon seit Richard von Weizsäckers Zeiten. So ist das, mehr Kontinuität als Wandel. Ob das den Grünen auch klar ist? Die Kultur- und Wissenschaftssenatorin Adrienne Goehler, die im schwarzen langen Kleid und im Schmuck großer Ohrringe am Senatstisch sitzt, hat plötzlich zwei Staatssekretäre für Kultur, aber keinen für Wissenschaft. Das hat damit zu tun, dass Hans-Martin Hinz einen Vertrag bis zum 30. September hat. Die SPD hätte auch Josef Lange behalten, aber die Grünen wollten ihre Abgeordnete Alice Ströver haben. Der Start mit Hindernisssen "wird doch wieder uns angelastet", heißt es bei den Sozialdemokraten.

"Sehr locker und entkrampft" nennt Lölhöffel die Atmosphäre im Senat. Die letzten Sitzungen des CDU/SPD-Senats seien zwar "auch kollegial, aber fühlbar angespannt" verlaufen. Und zum ersten Mal stand ein Blumengesteck auf dem Tisch, rosa und weiß. Das wars. Nein, dass gescherzt wurde, kann oder will er beim Ernst der Lage nicht sagen: "Die wissen doch alle, worum es geht."

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