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Trikot statt Hemd: Berlins Bürgermeister Wowereit auf der Fanmeile.

© dpa

Nach dem WM-Trubel: Weltmeister-Unterschriften liegen im Roten Rathaus aus

Die WM ist vorbei, die Fanmeile abgebaut. Einiges bleibt: zum Beispiel die Unterschriften der Weltmeister im Gästebuch der Stadt. Was die Spiele dem Wurst- und Bierhändler brachten und warum ein Fanmeilen-Ordner kein einziges Tor sah, lesen Sie hier.

Spontan mitgedacht und schnell unterschrieben: Als sich die Weltmeister am Dienstag auf der Fanmeile ins Gästebuch Berlins eintrugen, sammelte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit die Autogramme der Spieler doppelt ein. Er nutzte dafür eine leere Karte, auf der sonst Redetexte stehen. Das wertvolle Dokument soll dem Sportmuseum Berlin geschenkt werden. „Das war ganz spontan“, sagt Senatssprecher Richard Meng. „Wir werden in den nächsten Tagen Kontakt mit dem Museum aufnehmen.“

Das Gästebuch mit den Unterschriften des WM-Siegerteams ist seit Donnerstag im Roten Rathaus ausgestellt. So wie im April dieses Jahres der DFB-Pokal gut gesichert in einer Vitrine zu besichtigen war.

Das Sportmuseum in der Hanns-Braun-Straße, am Rand des Olympiaparks, ist zwar nicht auf Fußball spezialisiert, doch immerhin handelt es sich um das älteste und größte Sportmuseum in Deutschland – mit 100 000 Exponaten, 37 000 Bänden sporthistorischer Literatur und 1,5 Millionen Fotos. Leider kann bisher nur ein kleiner Teil der Sammlung in Wander- und Sonderausstellungen gezeigt werden. Erst 2017 soll, in sanierten Räumen, eine Dauerausstellung zur Geschichte und Gegenwart des deutschen Sports eröffnet werden.

Im März 2007 hatte sich der Senat beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Standort für ein Fußball-Museum beworben. Das Haus des Deutschen Sports galt damals als mögliches Domizil. Aber der DFB entschied sich gegen Berlin – für Dortmund. Also wird im Ruhrpott 2015 das nationale Fußballmuseum eröffnet. Bis dahin kann das Sportmuseum Köln für sich in Anspruch nehmen, die wertvollsten Reliquien des deutschen Fußballs aufzubewahren. Darunter ein Autogrammbuch aller 736 Spieler und Trainer der Sommermärchen-Weltmeisterschaft von 2006.

Ausgeschenkt

Gastronom Wolfgang Krebs.
Gastronom Wolfgang Krebs.

© Philip Barnstorf

Das ist gerade noch gut gegangen. „Erst das Finale und der Auftritt der Mannschaft am Brandenburger Tor haben uns gerade so in die schwarzen Zahlen gerettet“, sagt Wolfgang Krebs über das Geschäft mit seinem Bratwurststand und seinem Bierausschank auf der Fanmeile. Die Leute hätten bei Spielen um zehn Uhr abends keinen Hunger mehr, erklärt Krebs den mäßigen wirtschaftlichen Erfolg. Vielleicht waren die Bratwürste deswegen nur beim Finale, das um 21 Uhr deutscher Zeit begonnen hatte, ausverkauft. Insgesamt hat Krebs mit Bier mehr verdient als mit Bratwurst.

Der 60-Jährige arbeitet seit 1986 in der mobilen Gastronomie. Public Viewings, Rummelplätze, Schützenfeste in ganz Deutschland – das sind seine Reviere. Er hat auch selbst mit angepackt und beim diesjährigen Public Viewing bis zu zehn Stunden am Stück Bier gezapft.

Seit 2006 hat er zu jeder Welt- und Europameisterschaft auf der Fanmeile in Berlin seine zwei Stände aufgebaut, dieses Jahr an 13 Spieltagen. Finanziell ist es vor acht Jahren bei der WM im eigenen Land am besten gelaufen. Beim Turnier 2010 hat er Verlust gemacht. „Damals war das Public Viewing an der Siegessäule. Die zieht einfach nicht so viele Leute an wie das Brandenburger Tor“, sagt er.

Inzwischen ist die deutsche Mannschaft mit dem Bus davongerauscht. Tausende Menschen in deutschen Trikots strömten in alle Richtungen davon. Nachdem er mit seinen Mitarbeitern an seinem Stand den Tag über ungefähr 500 Liter Bier verkauft hat, sitzt Krebs zum Abschied auf einem Barhocker und erzählt. „Public Viewing ist wirtschaftlich immer ein Risiko, schon allein wegen des Wetters“, sagt er. Berlin sei aber trotzdem die lukrativste Fanmeile. Deshalb will Krebs auch bei der Europameisterschaft in zwei Jahren wieder dabei sein.

Weggedreht

Am Rande des Fußballzirkus standen die Signalwestenträger. Hunderte Sicherheitsbedienstete waren bei der WM-Fanmeile jeden Spieltag im Einsatz. Das Dumme war nur: Von der WM und auch vom Weltmeisterempfang haben sie nicht viel gesehen. Denn die Herren in Orange standen mit der Bühne im Rücken und hatten stattdessen das Reichstagsgebäude fest im Blick, um das Gelände zur Nordseite hin abzusichern. Wir haben einen der Sicherheitsleute gefragt (seinen Namen wollte er nicht nennen, er ließ sich aber fotografieren), wie er die WM erlebt hat, ohne ein Tor zu sehen.

Sie waren wirklich bei jedem Spiel dabei und haben nichts gesehen?

Nichts. Man versucht, hin und wieder einen Blick zu erhaschen, das klappt aber eigentlich nie. Wir müssen ja immer auf unserem Posten bleiben, dort, wo wir eingeteilt sind. Dazu kommt, dass im Gelände rund um die Fanmeile viel zu viele Bäume stehen.

Sorgte für Sicherheit auf der Fanmeile: der Interviewte.
Sorgte für Sicherheit auf der Fanmeile: der Interviewte.

© Tassilo Hummel

Die Nationalspieler beim WM-Empfang durften Sie auch nicht ansehen. Ziemlich blöd, oder?

Das kann man so sagen! Ich bin ja selber Fußballfan, und ein bisschen Nationalstolz habe ich auch. Die Euphorie der Fans, die bekam ich hier schon mit. Die kamen nach den Spielen und klatschten mit uns ab. Das hat es nicht gerade leichter gemacht.

Wie haben Sie das Brasilien-Spiel erlebt?

Ich stand zur Südseite der Straße des 17. Juni und habe mich gewundert, warum die Fans bei jeder Wiederholung des ersten Tores jedes Mal aufs Neue jubelten wie die Verrückten. Dann kam nach einer halben Stunde mein Chef vorbei und erzählte, es stünde 5:0. Unglaublich.

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