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Nach Mai-Krawalle: Innensenator erwägt Verbot der "Revolutionären"-Demo

Der Vorschlag ist nicht neu. Schon in diesem Jahr hatte sich die CDU dafür stark gemacht, die "Revolutionäre 1. Mai Demo" nicht stattfinden zu lassen. Nach der massiven Gewalt hält nun auch Berlins Innensenator Körting schärfere Auflagen für möglich - bis hin zum Verbot.

Hatte die Polizei eine realistische Chance, den Gewaltausbruch des 1. Mai zu verhindern? Wohl nicht. Selbst ein Verbot der Demonstration hätte laut Experten die Steinewerfer nicht von ihrem Tun abgehalten, weil sich dann der harte Kern spontan versammelt hätte. Allerdings konnten sich auf dieser angemeldeten Demo, für die die autonome Szene im Vorfeld mobilisiert hatte, mehr gewaltbereite Menschen sammeln. Die CDU hatte deshalb ein Verbot der „Revolutionären 1. Mai-Demo“ gefordert. Dies war rechtlich nicht möglich, da in den letzten Jahren die Gewalt erst nach der Autonomen-Demo ausgebrochen war.

Für 2010 gebe es nun eine neue Lage, erklärten Innensenator Ehrhart Körting und Polizeipräsident Dieter Glietsch. Ein Verbot oder Auflagen seien nun denkbar. Geprüft werden müsse auch, ob die Route im nächsten Jahr wieder durch das „Myfest“ führen könne. Wie berichtet hatte sich der Demonstrationszug das mit 35 000 Menschen gefüllte „Myfest“ mit äußerster Rücksichtlosigkeit durchquert, Mütter brachten ihre Kinder oft im letzten Moment in Sicherheit. Am besonders überfüllten Heinrichplatz wurde aus der Spitze der Demo von vermummten Militanten Leuchtkügelchen in das Fest hineingeschossen, sie verglühten über den Köpfen der Besucher. Auch Innensenator Körting widersprach gestern der Angabe des Kreuzberger Bürgermeisters Franz Schulz (Grüne), der keine Gewalt aus der Demo gegen das Myfest beobachtet haben will. Die Autonomendemo durch das Fest sei doch „kein wirkliches Problem“, es habe keine Gewalt gegen Feiernde gegeben. Notwendig seien lediglich mehr Ordner.

Grüne loben Polizeitaktik

Der schnelle Gewaltausbruch bei der Demo und auch die hohe Zahl gewaltbereiter Teilnehmer seien nicht vorhersagbar gewesen, sagte Glietsch. Dagegen kritisierte der CDU-Abgeordnete Robbin Juhnke die Taktik als „fahrlässig“, weil auf die Ankündigungen der Autonomen nicht reagiert worden sei. Der grüne Abgeordnete Benedikt Lux lobte den Einsatz als „besonnen“. Der Anmelder der Demo, Kirill Jermak, ein Politiker der Linkspartei, behauptete, dass die Polizei durch ihr aggressives Verhalten „zur Eskalation beigetragen“ habe. Tatsächlich hätten die Demonstranten sogar Verkehrspolizisten angegriffen, korrigierte Körting diese Darstellung. Einer von ihnen konnte in letzter Not flüchten, er erlitt einen schweren Schock und ist derzeit dienstunfähig. Von den 273 Beamten, die eine Verletzung meldeten, mussten nur 14 ihren Dienst quittieren, ins Krankenhaus musste niemand.

Glietsch und Körting betonten gestern, dass sich die Polizeitaktik bewährt habe. Denn Ziel sei es, möglichst viele Straftäter festzunehmen, und das möglichst beweissicher. Dies ist in diesem Jahr gelungen: Von den 289 Festgenommenen sollen deutlich über 100 dem Haftrichter vorgeführt werden – die Straftat war also schwer und die Polizei konnte sie durch Videobilder nachweisen. Wieviele von denen letztlich in Untersuchungshaft müssen, will die Justiz am heutigen Sonntag mitteilen. Deshalb gebe es keine Alternative zu dem 2005 erstmals eingesetzten Konzept. „Wir dürfen nicht in die Fehler vergangener Jahrzehnte zurückfallen“, sagte Körting. Er meint damit die Polizeieinsätze in den 80er und 90ern, als Polizisten den Knüppel schwingend durch die Menge rannten und Wasserwerfer die Randalierer von links nach rechts trieben. Festnahmen hatte es in diesen Jahren nur wenige gegeben. Ein Wasserwerfer treibe Demonstranten nur vor sich her, sagte Körting, Festnahmen seien nicht möglich. Wasserwerfer könnten die Lage nur kurzzeitig bereinigen, die Demonstranten würden sich danach wieder an anderer Stelle sammeln.

In diesem Jahr wurden 289 Menschen festgenommen, unter ihnen nur 43 Jugendliche (und 17 Frauen). Arabische und türkische Jugendliche sind anders als 2005 kaum aufgefallen. Der Kreuzberger Bürgermeister  konnte gestern noch keine Bilanz der Schäden ziehen. An Geschäften, einer Sparkasse und der Feuerwache splitterten viele Scheiben. Am frühen Morgen wurden dann erneut mehrere Fahrzeuge angezündet und eines umgekippt.

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