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Im Osten schon lange normal: Fahrschulausbildung mit Frauen bei den BVB.

© Mitteldeutscher Verlag

Nachkriegszeit in Berlin: Die BVG trennte sich an der Frauen-Frage

Ein neues Buch schildert die Nachkriegsgeschichte der BVG in Ost und West. Die Straßenbahn hatte in West-Berlin schnell ausgedient.

Warum wurde die Straßenbahn im Westen der Stadt eingestellt und im Osten ausgebaut? Wieso beschleunigte eine Frau an der Kurbel die Spaltung der Stadt? Wie wurden die Verkehrsbetriebe in beiden Stadthälften mit dem Mauerbau fertig?

Fragen über Fragen: Christian Dirks und Christian Mentel beantworten sie – fast – alle. Sie haben es geschafft die Nachkriegsgeschichte der BVG bis 1989 auf nur 136 Seiten aufzubereiten. Es ist ein Lese- und kein Fachbuch geworden.

Die BVG war nach dem Krieg betrieblich fast so schnell geteilt wie die Stadt politisch schon lange vor dem Mauerbau. Im März 1949 sollte der Personaldirektor Wilhelm Knapp fristlos entlassen werden. Mit dem SED-Mitglied sei eine Zusammenarbeit unmöglich geworden, hatte der Betriebsausschuss des Betriebsrats argumentiert.

Knapp sollte sofort die Hauptverwaltung an der Potsdamer Straße in Schöneberg verlassen. Nachdem ihm am nächsten Tag das Betreten verboten worden war, ordnete der Ost-Berliner Verkehrsstadtrat an, dass Knapp seine Arbeit als BVG-Direktor im Ostteil der Stadt fortsetzen sollte. Der Beginn der Spaltung.

„Miteinander, Gegeneinander und Nebeneinander“

Als die Ost-Berliner Verwaltung dann 1953 im immer noch gemeinsamen Netz von Frauen gesteuerte Straßenbahnen in den Westen schickte, folgte der nächste Schritt: Im Westen durften Frauen diesen Job nicht ausüben, weshalb die Verkehrsmeister die Fahrt stoppten und die Bahnen zurückschickten. Nach wenigen Tagen unterbrachen beide Seiten die Strecken an den Sektorengrenze. Die Fahrgäste mussten umsteigen und die Grenze dabei zu Fuß passieren.

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Die Straßenbahn hatte im Westen ohnehin keine Zukunft mehr. 1953 hatte man noch zwölf Millionen Mark für neue Straßenbahnen und Busse bewilligt, mit dem Geld dann aber nur Busse gekauft. 37 Straßenbahn-Linien mit über 420 Kilometer Länge wurden bis 1967 nach und nach stillgelegt.

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Der Mauerbau trennte dann auch das U-Bahn–Netz. Im Osten blieb nur der Abschnitt vom heutigen Bahnhof Mohrenstraße bis zur Vinetastraße der heutigen U 2, sowie die heutige U 5 vom Alexanderplatz bis Friedrichsfelde. Die Züge der West-BVG auf den heutigen Linien U 6 und U 8 fahren ohne Halt durch die Bahnhöfe unter Ost-Berlin. Gehalten wurde nur im Bahnhof Friedrichstraße.

Die ersten Fahrerinnen in West-Berlin.
Die ersten Fahrerinnen in West-Berlin.

© Mitteldeutscher Verlag

Es war ein „Miteinander, Gegeneinander und Nebeneinander“ der Verkehrsbetriebe, sagte Mentel am Montag bei der Vorstellung des Buches. Mit dem Erscheinen ist die Geschichte der BVG von 1929 bis 1992 nun in drei Büchern festgehalten, wobei der Band für die Zeit von 1989 bis 1992 bereits ausverkauft ist. Es gibt aber eine Neuauflage. In der Reihe hatte sich die BVG zum ersten Mal auch ausführlich mit der Zeit unter der Nazi-Herrschaft beschäftigt.

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An einem vierten Projekt arbeite man noch, sagte BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta. Es soll sich mit den Frauen in der BVG beschäftigen. Nicht nur mit der Rolle, die ihnen bei der Spaltung des Straßenbahn–Netzes zugeschustert worden war.

Das Buch „Endstation: Mauer. Die Berliner Verkehrsbetriebe in Ost und West 1945 -1989“ gibt es in allen BVG-eigenen Verkaufsstellen sowie im BVG-Onlineshop. Der Preis: 14,95 Euro.

Zur Geschichte der BVG gehört auch die Kinderbescherung bei der Ost-BVG.
Zur Geschichte der BVG gehört auch die Kinderbescherung bei der Ost-BVG.

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