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Berlin: Namen wie Markenzeichen - Der Baustoffhändler beschäftigt heute 300 Mitarbeiter in 10 Filialen

Überraschungen gab es beim gemeinsamen Essen der Familie offenbar nur selten. Die Eltern sprachen über die Firma, die Kinder hingen ihren Gedanken nach.

Überraschungen gab es beim gemeinsamen Essen der Familie offenbar nur selten. Die Eltern sprachen über die Firma, die Kinder hingen ihren Gedanken nach. "Beim Frühstück, beim Mittagessen, beim Abendbrot", sagt Fred-Axel Kapella. Auf den Sohn des Hauses schienen die Tischgespräche eine traumatische Wirkung gehabt zu haben. Das BWL-Studium hielt er gerade noch durch, danach war für ihn klar: "Am besten mache ich gar nichts."

Also stieg der Unternehmer-Sohn nach dem Examen zunächst einmal aus, zog mit seiner Freundin nach Kanada - und langweilte sich in den Wäldern fast zu Tode. "Vier Monate haben wir es ausgehalten: Es war furchtbar, nichts zu tun", sagt Fred Kapella grinsend. Mit seiner damaligen Freundin ist der 53-Jährige heute verheiratet. In dem einst ungeliebten Betrieb der Eltern sitzt er nun in der Chefetage. Und das ausgerechnet mit jener Frau, mit der er sich früher "nach Strich und Faden geprügelt" hat: Seiner Schwester Anne Keding. Die 52-jährige Chefin von "Kapella Baustoffe" vermag, dem ständigen Gezänk von früher inzwischen Positives abzugewinnen. "Vermutlich haben wir uns als Kinder genug gestritten, um jetzt harmonisch miteinander umzugehen."

Spitzenumsatz 250 Millionen

Vielleicht liegt es aber auch an den bunten Grafiken, die im Büro auf dem Tisch ausgebreitet liegen, dass in der Familie die Harmonie ausgebrochen ist: Rund 52 Millionen Mark machte die Firma Umsatz, als 1989 die zweite Generation die Geschäftsführung übernahm. Sechs Jahre später nahm das Unternehmen über 250 Millionen Mark ein. Und neben dem Schöneberger Standort hatte die Firma neun weitere Filialen in Berlin und Brandenburg eröffnet sowie 300 Mitarbeiter eingestellt.

Etwas untertreibend nennen die Geschwister die Wende "glückliche Umstände", die ihnen die explodierenden Umsätze beschert haben. "Es wurde in den neuen Ländern erst einmal auf Teufel komm raus gebaut", sagt Anne Keding. Dass die Umsätze inzwischen auf rund 200 Millionen Mark im Jahr zurückgegangen sind, nimmt sie gelassen. Nach dem Bauboom habe schließlich zwangsläufig eine Talfahrt folgen müssen. Und: "Wir werden wieder auf ein gesünderes Wachstum zurückfallen."

Ihren Vater, den Gründer des Unternehmens, beschreiben die Kinder als einen "nüchternen Menschen mit einer Menge Herz". Alfred Kapella starb 1993, seine 75-jährige Witwe Annamaria arbeitet noch immer täglich in der Firma. Fred und Anne Kapella haben ihre Existenz gewissermaßen dem Zweiten Weltkrieg zu verdanken. Er hatte den jungen Soldaten Alfred Kapella in die Nähe von Aachen verschlagen, wo seine Truppe auf einem Kamillenblütenfeld in Stellung ging. "Und unsere Mutter gehörte zu den neugierigen Dorfjugendlichen, die das Treiben auf dem Feld beoachteten."

Nach dem Krieg zog das junge Paar dann nach Berlin und eröffnete die Baustoffhandlung, wenn auch erst einmal im kleinen Stil. Zunächst verkauften sie ihre Waren in einer Wohnung in Tempelhof, dann kam ein kleiner Lagerplatz hinzu, 1947 der erste Lastwagen. In jenen ersten Jahren, sagen die Kinder, seien im vom Krieg zerstörten Berlin vor allem "unglaubliche Mengen Dachpappe" über den Tresen gegangen. Und Zement. "Steine waren ja genug da." 1950 brachten dann täglich vier Kapella-Lastzüge Baustoffe durch die "Zone" von West-Deutschland nach Berlin.

1965 zog "Kapella" um in den Werdauer Weg. Das 14 000 Quadratmeter große Gelände in Schöneberg sei auch heute noch das "Herzstück" der Firma, sagt Anne Keding. Gabelstapler jagen hier zwischen Bergen von Zementsäcken, Gipskartonplatten und Mörtel hin und her. Private Kunden trifft man auf dem Hof eher selten. "Knapp 80 Prozent unserer Kunden sind Bauunternehmer", sagt Fred Kapella.

Auch die Tochter des Gründers kam nur über Umwege in den elterlichen Betrieb. Ihr Traum, Ärztin zu werden, scheiterte zunächst am eigenen Naturell. "Beim Arbeiten im Krankenhaus sind ständig die Tränen gekullert, weil ich mit jedem Patienten leide." Also studierte Anne Kneding statt Medizin BWL und verdiente anschließend fünf Jahre als Wirtschaftsprüferin ihr Geld. Erst 1984 habe sie sich mit ihrem Bruder zusammen- gesetzt. "Wir sagten uns: Lass es uns wenigstens probieren." Heute kümmert sich ihr Bruder um Marketing, Vertrieb und den Ausbau der Dienstleistungen. Anne Keding hat die Finanzen, Steuern und die Wirtschaftsprüfung übernommen.

Heute haben die Junior-Chefs selbst jeweils zwei Kinder. Gearbeitet hat die dritte Generation in dem Betrieb bislang nicht - noch nicht. Denn vorsorglich haben die Eltern schon einen Vertrag ausgearbeitet: Er ermöglicht allen vier Kindern - sie sind zwischen 22 und 11 Jahre alt - den Zugang ins Unternehmen, allerdings nicht bedingungslos. "Nur bei entsprechender Ausbildung und bis zum 30. Lebensjahr", sagen die beiden Kapella-Chefs.

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