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Mentoring auf Augenhöhe. Jungunternehmerin Stephanie Weiss mit ihrer Mentorin Corinna Tappe, Moderatorin Kerstin Weng, Saxophonistin Stephanie Lottermoser und ihr Schützling Samantha Wright (v.l.n.r.).

© Franziska Krug/Getty Images for hell & karrer Communications

Netzwerk Frauen100 in Berlin : Mit Solidarität und Unterstützung zum Erfolg

Das Netzwerk Frauen100 widmet sich in Berlin Mentorinnen und ihren Schützlingen, die ganz konkret zeigen, wie das geht mit der Hilfe auf Augenhöhe. Ein Abend voller Motivation.

Frauensolidarität? Schwieriges Thema! Seit den Anfängen des Feminismus tun sich Frauen mit der gegenseitigen Unterstützung deutlich schwerer als Männer. Wie es konkret trotzdem gehen kann, damit beschäftigt sich das Netzwerk Frauen100 am Donnerstagabend in dem mit rosa Blütenzweigen und Tulpen frühlingshaft geschmückten Event-Apartment „Gebrüder Fritz“ in Mitte.

Moderiert von Vogue-Chefin Kerstin Weng stellen sich fünf Paare vor, die Solidarität ganz konkret im Rahmen des Mentorinnen-Programms „Light The Way“ des Kosmetikherstellers Max Factor praktizieren. „Erfolg besteht auch darin, anderen hochzuhelfen“, sagt Weng.

Sprechen über Fehlverhalten

Seit #MeToo ist die Filmbranche in ein ungünstiges, wenngleich reinigendes Licht geraten. Dass es in der Musikbranche nicht besser zugeht, war schon lange zu ahnen. Die Hamburger Saxophonistin und Sängerin Stephanie Lottermoser, die als Mentorin die britische Klarinettistin Samantha Wright unterstützt, hat dazu einiges zu sagen.

Gerade die Jazz-Szene, in der die beiden zu Hause sind, sei extrem von Männern dominiert. Oft wüssten die schlicht nicht, wie korrektes Benehmen geht. Beispiele hat sie aus dem Hochschulbereich mitgebracht: „Sexismus ist an der Tagesordnung.“ Dass es viel Einzelunterricht gibt, hilft offensichtlich nicht, im Gegenteil. Die Hochschulen seien häufig ängstlich. Dabei sei der erste, wichtige Schritt, offen über Fehlverhalten zu sprechen.

Sexismus in der Musikbranche

Gerade Frauen sprechen vieles nicht an und haben zudem oft ein Problem mit der Sichtbarkeit. 90 Prozent der Entscheider in ihrer Branche seien männlich, sagt Stephanie Lottermoser. Zu lange sei sie „die kleine Süße, die Saxophon spielt“ gewesen. „Es reicht nicht, das Instrument über Jahre zu üben und zu spielen.“ So viele Kräfte müssten darauf verwendet werden, gegen Widerstände anzukämpfen.

An der langen Tafel sitzen bei Bouillon von getrockneten Pilzen und gefüllten Teigknospen mit Moosmöhre und Kamille noch mehr Frauen, die genau wissen, wovon die Rede ist. Die Politikerin Sawsan Chebli und die Boxerin Zaina Nassar, die sich demnächst in Thailand für Olympia qualifizieren will, sind ebenfalls anwesend.

Schwachpunkt Selbstvertrauen

Die Probleme sind branchenübergreifend, sagt Corinna Tappe, Geschäftsführerin der Bildungsinitiative „Startup Teens“. Sie hilft der Jungunternehmerin Stephanie Weiss, die angetreten ist, den Bagel in Süddeutschland populär zu machen. Dabei geht es nicht um Rezepte für den richtigen Bagel-Aufstrich oder die Zusammenstellung der Sorten. „Hey, du schaffst das“, lautet ein Zaubersatz, der offenbar erstaunlich gut wirkt.

Selbstvertrauen ist neben der Solidarität untereinander nämlich auch so ein Schwachpunkt, der bei Netzwerktreffen zwar immer wieder thematisiert wird, aber unglaublich schwer auszurotten ist. Nur bei 20 Prozent der Start-Ups stünden Gründerinnen an der Spitze, sagt Corinna Tappe. In ihrer Organisation geht es auch darum, immer mehr Mädchen für mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer (MINT) zu begeistern.

Hey, du schaffst das.

Corinna Tappe

Noch einmal nennt sie den magischen Satz: „Ja, ihr könnt das!“. Man müsse auch mal „Nein“ sagen können und vor allem dürfe man nicht jeden Ratschlag annehmen. Das klingt ziemlich simpel, fällt so mancher Frau aber vergleichsweise schwer.

An dieser Tafel werden manche notwendigen Schritte auch beim Tischgespräch getan. Dass man sich vernetzt, ist gewissermaßen Teil der Einladung. Viele Teilnehmerinnen wissen bereits, dass diese Runde nicht nach klassischem Feminismus aussieht.

Hindernisse überwinden

Das liegt zum einen an den Sponsoren aus der Lifestyle-Industrie, zum anderen an den Gastgeberinnen Janina Hell und Felicitas Karrer, die überzeugt sind, dass Make-Up und schöne Kleider sich nicht mit beinharten beruflichen Erfolgszielen beißen.

Traditionell weist der Blick über den deutschen Horizont hinaus. In akzentfreiem Deutsch stellt sich die gebürtige Afghanin Sadaf Zahedi vor, die in ihrer Jugend Gewalt und komplette Bildungsverweigerung erfahren musste, und sich nun im Rahmen des Projekts „Bildung ohne Bücher“ für afghanische Kinder im ländlichen Raum einsetzt, unterstützt von der Moderatorin Melissa Khalaj.

Noch ist sie auf der Suche nach einer Organisation, die ihre gefährlichen Reisen vor Ort unterstützt. Noch weitere Frauenpaare treten auf, die Unternehmerin Aja Jaff mit der Kinderbuchillustratorin Dilsah Sendalgicolan und Sängerin Alina mit der auf Finanzberatung für Musiker spezialisierten Bianca Wiezcorek.

Bevor der Abend bei Birnensorbet mit Champagnerbutter zu Ende geht, gibt es auch noch weitere motivierende Sätze, wie diesen, der auch gut auf das Thema Frauensolidarität passt „Eine Gewinnerin ist eine Verliererin, die es noch einmal versucht hat.“

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