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Berlin: Neue indische Botschaft: Klassischer Ausdruckstanz und ein Dach mit Aussicht

Was ist eigentlich der schönste Aspekt am aufblühenden diplomatischen Leben der Stadt? Dass man so viele neue, ungewöhnlich interessante Häuser sieht, gewiss.

Was ist eigentlich der schönste Aspekt am aufblühenden diplomatischen Leben der Stadt? Dass man so viele neue, ungewöhnlich interessante Häuser sieht, gewiss. Dass man sich immer wieder aufs Neue in andere Kulturen vertiefen kann. Das auch. Aber besonders bewegend sind doch die verschiedenen Zeremonien, mit denen andere Völker ihre neuen Domizile einweihen. In Indien gehört es zur Tradition, eine Lampe anzuzünden. Das taten die Außenminister Indiens, Jaswant Singh, und Deutschlands, Joschka Fischer, gestern gemeinsam, jeder mit einer Kerze in der Hand. Damit war die indische Botschaft in der Tiergartenstraße offiziell eröffnet.

Je freudvoller der Auftakt, desto besser die Zukunft des Hauses, sagte Botschafter Ronen Sen, der versprach, dass dieses nicht nur architektonisch ein offenes Haus sein solle, sondern vor allem auch kulturell. Hier werden sich Schriftsteller, bildende und darstellende Künstler einfinden, um die indische Kultur der deutschen Bevölkerung nahezubringen.

Dafür gibt es eine gute und weit zurück reichende Tradition. Auf deutsche Dichter und Denker hat Indien immer eine besondere Faszination ausgeübt, von Goethe bis Grass, von den Romantikern bis zur Generation der Hippies und 68er. Das Gebäude aus den roten Sandsteinen aus Rajasthan, der Heimat des indischen Außenministers, wird sicher auch eine Wiege sein für neue Inspirationen. In seiner Willkommensrede erinnerte Joschka Fischer an den 7. März 1951, an dem das noch junge unabhängige Indien und die ebenfalls junge Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zueinander aufnahmen. Nach dem Ende des Kalten Krieges haben sich die deutsch-indischen Beziehungen nach Fischers Worten noch intensiviert. Er sprach dann noch von seiner persönlichen Faszination; dass in Indien mehrere Jahrhunderte Seite an Seite miteinander leben, habe ihn bei seinen letzten Reisen besonders beeindruckt.

Jaswant Singh hob all die Dinge hervor, die in dieser Botschaft getan werden sollen. Man will weiter bauen an einer dynamischen, vielfältigen und zukunftsorientierten Kooperation, indem man die bereits existierenden Netzwerke wissenschaftlicher und technologischer Zusammenarbeit verstärkt und mehr Austauschprogramme in beide Richtungen fördert. Er hob außerdem hervor, auf welch großes Interesse das deutsche Kulturfestival stößt, das Fischer im letzten September in Neu Delhi eröffnet hat.

Von künftigen kulturellen Freuden konnten die Eröffnungsgäste in besonderem Maße profitieren. Zu diesem Anlass war mit Malavika Sarukkai die für die Inder bedeutendste klassische Tänzerin nach Berlin gekommen, auch sie eine Brückenbauerin zwischen den Jahrhunderten, zwischen traditionellen Elementen und Zeitgeist. Ausdrucksvoll tanzte sie die große Königin Kausalya, die schließlich im innersten Gemach ihres großen Palastes beim Anblick ihres Kindes zur liebenden Mutter wird. Mit der Episode Tillana beschloss die schöne Tänzerin ihr Programm. Darin wird die Macht des Lebens und seines Überflusses gefeiert.

Mit dem Kulturprogramm war bei Champagner und Currygerichten noch nicht Schluss. Jetzt wurde die Ausstellung besichtigt mit zeitgenössischen Bildern unter anderem von Manu Parekh. "Typisch für Indien ist es, dass wir alle mit offenen Armen empfangen", sagte der Botschafter. Auch das soll dieses Haus zum Ausdruck bringen. Wie es sich für eine Eröffnungsfeier gehört, war natürlich noch nicht alles ganz fertig geworden. Aber gerade die kleinen Imperfektionen am Anfang bringen ja eigentlich Glück, eine vergessene Flasche Putzmittel der letzten Minute, ein paar offene Kabel, ein leicht klemmender Vorhang. Architekt Konrad Wohlhage kündigte an, dass es noch einige Veränderungen geben werde, goldenes indisches Kunsthandwerk auf grauem Waschbeton, außerdem dezente folkloristische Elemente. Es waren Wissenschaftler da, ausgewählte Geschäftsleute, aber auch Diplomaten, zum Beispiel der frühere Botschafter Heinrich-Dietrich Dieckmann, der eindrucksvoll erzählte, wie ihn schon beim ersten Betreten indischen Bodens eine unerschütterliche Liebe zu diesem Land ergriffen habe, das in vielem ja eine Gegenwelt zu unserem sei.

Am Ende kam die Lieblingsbeschäftigung der Bewohner des neuen Berlin zum Zuge: das Erkunden neuer Räume. Ein überraschender Innenhof wartete darauf, bewundert zu werden, eine versteckte kleine Galerie und vor allem der hübsche Dachgarten, der den Indern einen malerischen Überblick gibt. Aber der schönste Aspekt an den neuen Dächern ist doch vielleicht dieser: Von dort aus sieht man, wie immer mehr Lichter angehen im neuen Diplomatenviertel.

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