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Zauberhaft speisen. Der ukrainische Illusionist Yevgeniy Voronin verkörpert einen seltsamen Grafen.

© promo

Neue Palazzo-Show: Die Ente bleibt draußen

Das „Palazzo“ in Berlin kommt diesmal ohne Geflügel aus. Dafür gibt es am Humboldthafen diesmal traditionell nostalgische Stimmung.

Am Ende, so gegen Mitternacht, lieferte Kolja Kleeberg im Eingangszelt noch eine rasante Rock-’n’-Roll-Show ab. Das Essen war serviert, das Programm vorüber – und mit dem „Vau“-Chef ist endlich die passende Rampensau gefunden, die den Esprit von „Palazzo“ verkörpert. Die Premiere des neuen Programms, zu dem erstmals Kleeberg das Vier-Gang-Menü beisteuert, war gelungen, und Zeremonienmeister Hans-Peter Wodarz verabschiedete zufrieden die Gäste, die eigentlich überwiegend Stammgäste sind, Wolfgang Völz, Meret Becker, Dagmar Frederic, Alice Brauner, Wilhelm von Boddien, Heinz Buschkowsky.

Das neue Programm, das so annähernd auch schon in Nürnberg gespielt wurde, ist eine Rückbesinnung auf das traditionell nostalgische Varieté, es kommt ohne betonte artistische Rasanz eher poetisch auf den Punkt, abgerundet von ebenso homogener Livemusik. Hauptfigur ist ein seltsamer Graf, der nur alle hundert Jahre von seinen Domestiken geweckt wird, um einen Ball zu feiern; der ukrainische Illusionist Yevgeniy Voronin verkörpert ihn mit perfekt pomadiger Salondämonie. Er hat das Fest und die ihn umgebende Damenwelt im Blick, erhebt sich mokant über die eigene Unzulänglichkeit, denn die jahrhundertealten Zaubertricks funktionieren auch nach der Auferstehung immer noch nicht so richtig.

Hin- und hergerissen zwischen der Ballkönigin, die er sich aus einem Stummfilm gepflückt hat, und einer nach und nach vermenschelnden Aufziehpuppe schreitet er aristokratisch schweigend durchs Zelt, bis seine Zeit wieder gekommen ist. Bevor es zu romantisch wird, greift der Hofstaat ein, vorzugsweise in Gestalt des grellen Clowns Peter Pitofsky, der ständig irgendwelche Frauen (und Männer) angrabscht, die ihn nichts angehen.

Die artistischen Nummern sitzen, Pausen gibt es kaum, ausgenommen, wenn das Essen serviert wird, was bei rund 360 Gästen zwangsläufig ein wenig dauert. Vermutlich kann sich die aus Nürnberg gut eingespielte Truppe noch steigern, wenn um sie herum nicht das notorisch unkonzentrierte Premierenpublikum sitzt... Diskussionsstoff des Premierenabends: Geht es ohne Ente? Dies ist die erste Wodarz-Show seit Menschengedenken, die ohne das Geflügel auskommt – man munkelt, Voronin halte zu Hause Enten und wäre nicht amüsiert, wenn im Zelt welche aufgegessen würden.

Kleeberg zieht sich mit dem in Balsamico geschmorten Schulterscherzel, einem Stück vom Rind, aus der Affäre, serviert dazu Chicoreé, Feige, Polenta und gerösteten Senf, das schmeckte gut, wenn auch wohl da und dort einzelne Teile weniger mürbe geraten waren. Sonst im Menü: Garnelen mit Tandoori-Sauce, Kabeljau-Brandade mit Orangen-Fenchel-Salat, Croustillant und Parfait von Schokolade auf Dattelcreme – ein paar reizvolle neue kulinarische Töne im Zelt. Ein guter Jahrgang zweifellos, eine stimmige, unterhaltsame Show.

Zelt am Humboldthafen/Hauptbahnhof, voraussichtlich bis März, Karten inkl. Menü 79 bis 145 Euro, www.palazzo.org

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