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Berlin: Neue Regeln für alte Autos

Welche Fahrzeuge dürfen ab 2008 in die neuen Umweltzonen fahren? Viele Details sind noch nicht geklärt, aber die Diskussion darüber wird heftig geführt

Kaum etwas erhitzt die Gemüter so wie die Umweltzone, die in knapp einem Jahr in der gesamten Innenstadt eingerichtet werden soll – in Berlin wie auch in anderen Großstädten, darunter München, Stuttgart, Frankfurt und Köln. Während sich die einen amtlich schikaniert fühlen, hoffen andere auf bessere Luft. Viele Details der Umsetzung sind jedoch noch nicht einmal geklärt, was sich auch in der Diskussion darüber zeigt, die oft von Irrtümern geprägt ist.

Sicher ist, dass Autos mit Benzinmotoren ohne geregelten Katalysator und Diesel ohne Schadstoffklasse Euro II (oder höher) ab 2008 nicht mehr in die als Umweltzonen beschilderten Innenstädte fahren dürfen. Ebenso sicher ist, dass die voraussichtlich ab April für zehn Euro Gebühr erhältlichen Plaketten bundesweit gelten: Autos mit Berliner Plakette dürfen also auch in die Münchner City fahren und umgekehrt. Genauso müssen Stinker ohne Plakette in allen Städten draußen bleiben, weil die Kriterien für die Umweltzonen gleich sind. „Wir machen das ja nicht, um die Leute zu ärgern, sondern um Europa- und Bundesrecht einzuhalten“, sagt Manfred Breitenkamp, der beim Senat die Abteilung Umweltpolitik leitet.

Dort werden zurzeit auch die Ausnahmen erarbeitet – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die muss für eine große Zahl von Einzelfällen allerdings erst noch definiert werden und beginnt bei der Frage, ob für Bewohner der Innenstadt andere Kriterien gelten sollen als für jene von außerhalb des S-Bahn-Rings. Denn deren Autos müssen nicht zwangsläufig in der City fahren und dort parken.

Besitzer alter Autos ärgern sich vor allem darüber, dass sie auch als Wenigfahrer ausgesperrt werden, während andere mit spritsaufenden Geländewagen unbeschränkt in der Umweltzone fahren dürfen. „Schweinerei!“, sagen Betroffene. „Zwei verschiedene Schweinereien!“, erwidern Fachleute. Schadstoff-Experte Lars Mönch vom Umweltbundesamt nennt es „einen weit verbreiteten Irrtum“, dass neue Spritsäufer angeblich mehr Schadstoffe ausstoßen als alte Kleinwagen. So reduziere ein geregelter, auf Betriebstemperatur erhitzter Katalysator den Ausstoß der wichtigsten Abgase – Kohlenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffe (HC) und Stickoxide (NOx) – um 95 bis über 99 Prozent. Mit anderen Worten: Ein einziger Oldtimer emittiere so viele Abgase wie bis zu 100 neue Autos. Deshalb ist Mönch strikt gegen allzu großzügige Ausnahmen, zumal der Autoverkehr die Luft mehr belastet als Ofenheizungen und Industrie in der Stadt.

Das Problem der modernen Spritfresser ist ihr hoher Kohlendioxid-Ausstoß. Doch: Die Masse des Treibhausgases Kohlendioxid ist zwar katastrophal fürs globale Klima, erreicht aber in der Stadtluft keine für Menschen kritische Konzentration. Anders ist das beim von Benzinern ohne Katalysator produzierten Kohlenmonoxid: Es ist giftig und nur deshalb nicht akut gefährlich, weil es sich in der Umgebungsluft schnell verdünnt. „Ohne Katalysatoren hätten wir ein massives Kohlenmonoxid-Problem“, sagt Mönch. Kohlenwasserstoffe wiederum fördern vor allem die Bildung von Sommersmog aus gesundheitsschädlichem Ozon. Das tun auch Stickoxide, die obendrein giftig für die menschlichen Atemwege sind.

Anders als beim Benziner ist das Stickoxid-Problem bei den Dieseln noch immer nicht gelöst. Spätestens 2010 wird es brandaktuell, wenn eine entsprechende EU-Richtlinie nach Vorbild der viel diskutierten Feinstaub-Verordnung verbindlich wird: Dann dürfen nur noch Diesel mit Abgasstandard Euro IV und/oder Partikelfilter in die Umweltzone, während die Regel für Benziner zunächst nicht verschärft werden soll.

Das zweite Hauptproblem der Dieselfahrzeuge sind die Rußpartikel, also der Feinstaub. Dessen besonders gesundheitsschädlicher Anteil lässt sich am besten mit Partikelfiltern zurückhalten. Die sind bei Neuwagen mittlerweile üblich und für viele ältere – auch Last- und Lieferwagen – nachzurüsten. Darauf setzt auch die Umweltverwaltung, die vor allem der BVG dabei große Fortschritte bescheinigt: 1200 der 1400 Busse hätten bereits Filter, für die restlichen sei Ersatz bestellt. Zurzeit werde auch mit der BSR über die Aufrüstung des Fuhrparks auf neueste Umwelttechnik verhandelt. Die Verwaltung will mit gutem Beispiel vorangehen; wie viele Fahrzeuge von Behörden und öffentlichen Unternehmen letztlich nur dank Ausnahmegenehmigung weiter in die City dürfen, sei unklar.

Geklärt ist aber eine andere Frage: Der Abschnitt der südlichen Stadtautobahn, der innerhalb des S-Bahn-Rings verläuft, wird von der Umweltzone ausgenommen.

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