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Auch Grundschüler kommen mit dem Testen im Klassenzimmer gut zurecht.

© Kitty Kleist-Heinrich

Neue Testpflicht an Berlins Schulen: Zahl der Corona-Fälle unter Schülern hat sich fast verdreifacht

Durch die neue Testpflicht an Berlins Schulen werden deutlich mehr Infektionen festgestellt. Für Lehrkräfte gilt noch keine Testpflicht.

Offenbar auch infolge der neuen verbindlichen Corona-Antigentests für Schüler:innen an Schulen sind wesentlich mehr Infektionen festgestellt worden als in der Vorwoche ohne Testpflicht.

Nach Angaben der Bildungsverwaltung wurden bei 844 Schüler:innen Infektionen festgestellt – gegenüber 329 am 16. April. Bei den Beschäftigten, die keiner Testpflicht unterliegen, waren es 108 gegenüber 80. Die Zahlen beziehen sich auf rund 1000 allgemeinbildende und berufsbildende Schulen.

Die mit Abstand meisten Infektionen gab es bei den Grundschüler:innen: Ihre Zahl stieg von 146 auf 406. Bei den Sekundarschüler:innen gab es keinen derartigen Sprung, obwohl bei ihnen in dieser Woche erstmals seit Dezember auch wieder die Siebt- bis Neuntklässler dabei waren (189 Infektionen gegenüber 83 in der Vorwoche).

Entsprechend veränderten sie die Zahlen bei den Gymnasiasten (125 gegenüber 49), Berufsschülern (105 gegenüber 45) und Förderschülern (19 gegenüber sechs). Die Quote der infizierten Schüler:innen und Beschäftigten beträgt rund 0,2 Prozent. 123 Lerngruppen sind geschlossen (Vorwoche: 24). Alle Positivbefunde bei den neuen Schultests werden durch anschließende PCR-Tests abgesichert.

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Zum Vergleich: Vor den Osterferien Ende März waren 140 Lerngruppen geschlossen, die Zahl der positiv getesteten Schüler:innen hatte bei 570 gelegen, die der Beschäftigten bei 126. Die Beschäftigten unterliegen – anders als die Schüler:innen – nicht der Testpflicht.

An den Schultests gab es in Berlin viel Kritik

Wie mehrfach berichtet, hatte es in Berlin von vielen Seiten Kritik daran gegeben, dass die verpflichtenden Tests der Schüler:innen nicht zu Hause, sondern in den Schulen stattfinden sollen. Der Verband der Schulpsycholog:innen hatte gewarnt, viele Schüler:innen würden sich wegen des Risikos "falsch-positiver" Tests unnötig Sorgen machen.

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Zudem würden sie vor den Mitschüler:innen möglicherweise beschämt. Der Verband sprach von einem "psychlogischen Drahtseilakt".

Zudem hatten Lehrkräfte, Schulleiter und Eltern einzelner Schulen gegen den Testort "Schule" protestiert, während andere Kollegien – vor allem im sozialen Brennpunkt – froh waren, endlich Gewissheit über mögliche Infektionen symptomfrei erkrankter Schüler:innen zu haben.

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In Hamburg laufen die Tests ohne Proteste

Anders als in Berlin waren die Tests an Hamburgs Schulen kaum von Protesten begleitet. Dies bestätigte der stellvertretende Vorsitzende und Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Fredrik Dehnerdt, auf Anfrage: "Es läuft gut im Großen und Ganzen", sagte der Gewerkschafter.

Die Lehrkräfte seien "wegen der Verlässlichkeit" eher froh darüber, dass in den Schulen und nicht zu Hause getestet werde: "In der Abwägung ist es eine sinnvolle Maßnahme", sagte Dehmert, dessen Gewerkschaft zunächst ebenfalsl kritisch auf das Vorhaben der Bildungsverwaltung unter Senator Ties Rabe (SPD) reagiert hatte.

Auch das Argument der Berliner Kritiker, dass eine Positivtestung vor den Mitschüler:innen zur Stigmatisierung führen könne, teilt Dehnert nicht: Im Kontext der aktuellen Pandemie und der damit einhergehenden Teststrategie sei dies das kleinere Übel.

"Berlinerische Panikmache"

Ähnliche Rückmeldungen hatte es auch aus Österreich gegeben, wo die Tests ebenfalls erfolgreich und akzeptiert an Schulen stattfinden. Berlins GEW-Chef Tom Erdmann hatte die guten Erfahrungen aus Österreich nicht gelten lassen, weil es dort ja "medizinisches Personal an Schulen" gebe.

Tagesspiegel-Nachfragen bei den beiden großen Lehrergewerkschaften in Österreich hatten allerdings ergeben, dass das medizinische Personal nur sporadisch vorhanden sei und wenn doch, dann werde es nicht zu den Tests herangezogen. Auch Hamburg verfügt nicht über medizinisches Personal.

Auf die Frage, warum die Schultests in Österreich und Hamburg zu geräuschlos laufen, während in Berlin Hunderte Protestbriefe verschickt wurden, sagte ein Gewerkschafter, der Umgang mit dem Thema mitsamt "Panikmache" sei eben "sehr Berlinerisch". Zudem kam in Berlin erschwerend hinzu, dass Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) zunächst von den Schultests abgeraten hatte und dann auf Druck der Koalition kurzfristig umgeschwenkt war.

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