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Durchblick. Der von der CIA während des Kalten Krieges benutzte Tunnel wird ins Depot des Alliiertenmuseums auf dem früheren Flughafen Tempelhof transportiert.

© DAVIDS/Darmer

Neuzugang im Alliiertenmuseum: Durch die Röhre spioniert

Der CIA-Tunnel von Altglienicke ist in Pasewalk aufgetaucht. Jetzt sind einige Segmente wieder in Berlin, im Depot des Alliiertenmuseums. Dort lagern schon viele andere "Großgeräte" des kalten Krieges

„Guter Stahl“, sagt Grabungsleiter Joachim Eckert, ein schlanker Hüne, der nur gebeugt durch den Spionagetunnel der CIA aus Pasewalk passt. Eckert kümmert sich normalerweise um den Pasewalker Kirchenforst, der früher von der NVA genutzt wurde, um den Krieg im Wald zu üben. Jetzt hat er acht Meter lange Tunnelsegmente, die vor kurzem im Kirchenforst entdeckt wurden, ausgegraben und nach Berlin gebracht, per Tieflader, direkt ins Depot des Alliiertenmuseums auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof.

Der gute Stahl verbirgt sich unter einer dicken Rostschicht und Klumpen aus Lehm und Eis. Die Tunnelsegmente lagen jahrzehntelang in der Erde. Jetzt sollen sie getrocknet und restauriert werden, um vielleicht irgendwann mal ausgestellt zu werden, als Teilstück-Ost des 450 Meter langen Spionagetunnels, den die Amerikaner und Briten 1954 von Rudow nach Altglienicke unter die DDR geschoben haben, um von der Roten Armee genutzte Telefonkabel abzuhören. Die Sache flog noch während der Tunnelarbeiten auf, aber die Sowjets ließen den Feind zunächst weitermachen. Erst 1956 wurde der Tunnel offiziell entdeckt und geborgen. Bis zur Staatsgrenze.

Einige Segmente aus dem West-Bereich des Tunnels – insgesamt rund 100 Meter lang – kamen 2005 ins Alliiertenmuseum an der Clayallee, sieben Meter sind dort zu besichtigen. Vom Verbleib der Ostsegmente war nichts bekannt, bis zum vergangenen August, als der Bundeswehrangestellte Werner Sobolewski im Kirchenforst nach Brennholz suchte und auf den Tunnel stieß.

Was aussieht wie ein schlaffer Aufblaselefant, ist ein verpackter Panzer der französischen Truppen in Berlin. Die runde Spitze ist die Kappe eines US-Marschflugkörpers.

© DAVIDS/Darmer

Jetzt hat das Alliiertenmuseum insgesamt 20 Meter Tunnel auf Lager. Fragt man die Chefin, Gundula Bavendamm, welchen Unterschied es für ein Museum macht, sieben oder 20 Meter verrosteter Tunnelröhre zu horten, entgegnet sie trocken, mit dem Fund gewinne die Geschichte des Kalten Krieges „insgesamt an Tiefe“. Auch die Nachnutzung der Ost-Tunnelröhre gehöre dazu. Die NVA hatte nach dem Ausbuddeln 1956 offenbar Interesse angemeldet. Der Tunnel wurde in handliche Segmente zersägt und auf verschiedenen Truppenübungsplätzen als Trainingsobjekt genutzt – eine frühe Form von Recycling über die ideologischen Barrieren hinweg. In Pasewalk übten Pioniere mit der Röhre den Bau von Unterständen im Gelände. Bavendamm vermutet, dass auf anderen ehemaligen Übungsplätzen der NVA noch weitere Segmente zu finden sind. Wenn denn jemand nach ihnen suchte.

Werner Sobolewski hat keinen Finderlohn erhalten, sein Name wird aber nun in der Ausstellung des Alliiertenmuseums verewigt. 5000 Euro kosteten Bergung und Transport nach Berlin. Die gleiche Summe spendete das Museum für Aufforstungsarbeiten in Pasewalk.

Das Depot des Alliiertenmuseums ist eine unbeheizte Lagerhalle südlich des Flughafengebäudes. Neben den Tunnelröhren lagert dort allerlei Großgerät aus dem Bestand der West-Berliner Besatzungsmächte, gut verpackt in grüne Folien, so dass nur Umrisse zu erkennen sind. Der wertvollste Schatz ist hier der überlange Hubschrauber vom Typ Bell UH-1 „Huey“, auch „Spirit of Steinstücken“ genannt, weil damit die Verbindung zur West-Berliner Exklave gehalten wurde. Die Spirit wurde zuletzt 2009 auf der Messe Bread & Butter gezeigt. Zwei Panzer, ein US-Gerät und ein französisches Modell, sind im Depot. Der US-Panzer ist vom gleichen Typ wie der Panzer am Checkpoint Charlie vom Oktober 1961, als sich Ost und West gegenseitig mit schweren Waffen bedrohten. Es gibt aber auch harmlose Fahrzeuge wie den Paradewagen der Briten, ein Range Rover mit offenen Sitzbänken, auf denen schon Prinz Charles gesessen hat.

Das alles würde das Museum gerne zeigen, wenn es denn den Platz gäbe. An der Clayallee steht auch der Rosinenbomber draußen, ein weiteres Paradestück. Der Umzug in den Hangar 7 des Flughafengebäudes ist zwar so gut wie beschlossen, aber mit dem Vollzug ist frühestens 2017 zu rechnen. Ob die Tunnelröhren aus Pasewalk dann die kalte Lagerhalle wieder verlassen dürfen, ist noch völlig offen.

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