zum Hauptinhalt

Berlin: Nicht kleckern, sondern klotzen

Die Betonwürfel vor der Synagoge in Mitte haben eine Million Euro gekostet – und sollen wieder weg. An der Britischen Botschaft dürfen Fußgänger wieder passieren

Eine Million Euro haben die 49 Betonklötze gekostet, die seit einigen Tagen die Synagoge an der Oranienburger Straße vor Attentätern schützen sollen. Doch noch in diesem Jahr sollen die Klötze wieder beseitigt werden, wenn ein Sicherheitskonzept vorliegt, „das auch städtebaulich was hermacht“, wie die Sprecherin von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) gestern sagte. „So kann das dort nicht aussehen“, sagte Petra Reetz. Die Sicherheitsbehörden hätten seit Dezember wegen des drohenden IrakKrieges Druck gemacht, den Schutz der Synagoge gegen Sprengstoffattentate zu erhöhen, und so habe man handeln müssen, begründete Reetz die Millionen-Ausgabe.

Nach Tagesspiegel-Informationen plante die Polizei aber schon seit Mai 2002, die Synagoge mit Betonklötzen zu sichern. Das hatte ein leitender Polizeibeamter damals angekündigt. Frank Keidel von der obersten Denkmalschutzbehörde bestätigte, dass die Betonklotzplanungen etwa ein Dreivierteljahr alt seien. Vermutlich hatten die Sicherheitsbehörden schon nach den Anschlägen vom 11. September den Schutz beschlossen. Denn in einem internen Schreiben der Innenverwaltung von November 2001 wurde die „Erhöhung des Objektschutzes an israelischen und jüdischen Einrichtungen“ angekündigt.

Warum nach den Anschlägen anderthalb Jahre verstrichen, bis die Klötze aufgestellt wurden, konnte Reetz nicht sagen. Die letzten vier Klötze wurden diese Woche gegossen, die Verschalung war gestern noch zu sehen. Von Geldverschwendung wollte Reetz nicht sprechen. Der Beton sei so teuer, weil er besonders stabil sei: „Der hält Panzer auf.“

Unglücklich über die Verschandelung der Oranienburger Straße sind auch die in Strieders Haus angesiedelten Denkmalschützer. „Gestalterisch kann das nur ein Provisorium sein“, sagte Keidel. Seine Behörde sei nicht beteiligt gewesen. „Sicherheit geht vor Schönheit“, sagte Peter Fleischmann, Sprecher von Innensenator Ehrhart Körting (SPD).

Doch das ist nicht der einzige neue Beton in Mitte. Auch die US-Botschaft wurde mit mehreren Dutzend Betonzylindern gesichert. Vor der Britischen Botschaft hingegen hat man den Schutz am Donnerstagabend etwas gelockert. Fußgänger dürfen die Wilhelmstraße auf dem gegenüberliegenden Gehweg wieder passieren. Dies hatten Geschäftsleute der Wilhelmstraße gefordert.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace beendete unterdessen nach vier Wochen ihre gegen den Irak-Krieg gerichtete Mahnwache vor der US-Botschaft. Vor dem Brandenburger Tor wurde ein 300 Meter langes Banner entrollt, auf dem tausende Menschen ihren Protest gegen den Krieg niedergeschrieben hatten. Das Banner soll dem US-Botschafter übergeben werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false