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Berlin: Nur jeder zehnte Baum ist gesund

Der verregnete Sommer brachte keine Besserung: Vor allem Berliner Eichen weisen große Schäden auf

Fast alle ärgerten sich im vergangenen Jahr über den verregneten Sommer – und fanden wenigstens einen Trost: Das viele Nass nützt bestimmt der Natur, hieß es immer wieder. In so einem kräftigen Grün hatten sich die Bäume und Wiesen in der Stadt und im Umland tatsächlich lange nicht gezeigt. Doch die Experten zerstören jetzt auch diesen letzten Trost: Sowohl der Waldzustandsbericht für ganz Deutschland als auch die Analysen für Berlin und Brandenburg sprechen von alarmierenden Zuständen. In den Forstgebieten der Großstadt hat sich im angeblich so „naturfreundlichen“ Jahr 2005 der Anteil der Bäume mit deutlichen Schäden sogar um ein Prozent auf 41 Prozent erhöht. Nur zehn Prozent aller Baumkronen weisen keine „sichtbaren Schadsymptome“ auf, heißt es im Bericht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Vor allem die Stieleiche hat es schwer: 90 Prozent der Bäume stufen die Experten als erkrankt ein, bundesweit liegt der Wert bei 51 Prozent.

„Der viele Regen im Juli hat den Bäumen nicht viel geholfen“, sagt Matthias Freude, Präsident des Brandenburger Landesumweltamtes. „Zwar lag die Niederschlagsmenge in Teilen Berlins und Brandenburgs teilweise bis zu 400 Prozent über dem Mittel. Aber das führte nur zu einer kurzen Wachstumsexplosion, die sich an der kräftigen Blattfärbung zeigte.“ Die Bäume hätten das Wasser sofort aus der Erde gezogen und es über das reiche Blätterwerk wieder abgegeben. Die Verdunstung sei auch deshalb so groß gewesen, weil viele Pflanzen nach dem Dürresommer 2003 in eine regelrechte Wachstumsstarre gefallen seien. Der Wasserhaushalt sei bis heute nicht ausgeglichen.

Vor allem die lange Trockenheit und Hitze 2003 hat Äste und große Teile der Baumkronen vertrocknen lassen. Insgesamt sind 79 Prozent aller Eichen geschädigt. Wenigstes ist der Abwärtstrend im letzten Sommer etwas gestoppt worden. Auch den Berliner Kiefern geht es nicht gut. Sie wachsen auf 65 Prozent der Waldfläche. Etwas mehr als ein Drittel ist geschädigt, im bundesweiten Durchschnitt sind es nur 19 Prozent.

Das warme Stadtklima, die höheren Schadstoffeinträge und die verkehrsbedingten Ozonbelastungen gelten hier als wichtigste Ursachen. Das trifft auch auf die Laubbäume zu. Die Umwelt macht ihnen einfach zu viel Stress, weshalb die Berliner Förster weiter an die Vernunft appellieren. Die Schadstoffemissionen könnten durch eine Verringerung des Autoverkehrs ebenso verringert werden, wie durch moderne Heiztechniken. Bisher kapitulierten viele Laubbäume einfach unter der Klimaveränderung. Seit einigen Jahren läuft deshalb in Berlin und Brandenburg ein Waldumbauprogramm, mit dem der Anteil von Mischwäldern erheblich erhöht werden soll. Auch in Berlin gibt es noch große Gebiete mit einer vorherrschenden Monokultur der Kiefer.

Die Meteorologen gehen von einer weiteren Austrocknung großer Flächen aus, die auch das Auftreten von Schädlingen begünstigen. In der Endabrechnung der Niederschlagsverhältnisse brachte das Jahr 2005 kein Plus an Flüssigkeit. Der große Wassermangel aus dem Jahr 2003 und anderen Dürrejahren ist eben noch längst nicht aufgeholt.

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