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Berlin: Nur noch breite Radwege? Nicht in der Schönhauser Allee

Der Senat gelobt Besserung, lässt aber derzeit noch unzulässige Strecken bauen

In Berlin sollen künftig nur noch Radwege gebaut werden, die den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen. Dies kündigte die Sprecherin von Verkehrssenator Strieder gegenüber dem Tagesspiegel an. Der Senat zieht damit die Konsequenzen aus mehreren Niederlagen vor Gericht. Wie berichtet, hatte das Verwaltungsgericht in dieser Woche für mehrere große Straßen die Radweg-Benutzungspflicht für rechtswidrig erklärt. Begründung: Die Radwege sind zu schmal, häufig zu unübersichtlich und deshalb gefährlich. Nach dem Urteil darf zum Beispiel auch auf der Bundesallee Rad gefahren werden. Dort stehen derzeit noch die blauen Schilder, die die Benutzung vorschreiben. Sie dürften bald abmontiert werden.

Allerdings wird derzeit beispielsweise in der Schönhauser Allee ein Radweg mit der unzulässigen Breite von nur einem Meter gepflastert – eine Panne, wie Roland Jannermann von der Verkehrsverwaltung sagte. In den Zeichnungen sei keine Maßangabe eingetragen gewesen, deshalb habe der Senat den Plänen zugestimmt – und das bezirkliche Tiefbauamt baut nach eigenem Gusto. Der Bezirk Pankow-Prenzlauer Berg gilt in der Verkehrsverwaltung ohnehin als Bremser, wenn es um moderne Radwege gilt. Berüchtigt bei Radlern ist vor allem der Anfang der 90er Jahre gepflasterte Radweg an der Prenzlauer Allee. Dort versperren Hecken die Sicht, der Weg ist zu schmal und an jeder Kreuzung wurde eine drei Zentimeter hohe Schwelle eingebaut – eine große Gefahr für schnelle Fahrer. Das sei verbesserungswürdig, sagt nicht nur der Fahrradclub ADFC, sondern auch der für Radwegbau beim Senat zuständige Jannermann.

Die Verkehrsverwaltung gibt pro Jahr zwei Millionen Euro für Radwege aus, weitere drei Millionen gibt es für touristische Radrouten. Seit wenigen Jahren bevorzugt der Senat Radstreifen, also farblich markierte Spuren auf der Fahrbahn (siehe Kasten), da diese bedeutend billiger und auch bedeutend sicherer seien. Nach Angaben der Polizei passieren 75 Prozent der schweren und tödlichen Unfälle auf dem Radweg – denn dort würden Radler leicht übersehen: Fünf Radfahrer wurden in diesem Jahr von rechtsabbiegenden Lkw getötet. Gegen die Radspuren gebe es jedoch immer noch Widerstand in einigen Verwaltungen, da diese den Autoverkehr einschränken würden. Die Grünen fordern dagegen seit langem, den Bau von Radwegen auf dem Bürgersteig ganz zu stoppen.

1998 wurde die Radwegepflicht aufgehoben, seitdem müssen bindend nur noch jene Wege benutzt werden, die mit dem blauen Rad-Verkehrsschild gekennzeichnet sind. Seit 1998 ist es jedoch auch Vorschrift, dass benutzungspflichtige Radwege mindestens 1,5 Meter breit sein müssen – Berlin hat sich daran nicht gehalten und deswegen vor Gericht eine weitere Schlappe erlitten. Zu verdanken hat der Senat dies dem Rechtsanwalt und Radfahrer Andreas Volkmann, der vor drei Jahren bereits das erste Urteil gegen den Senat erstritten hatte. „Es gibt noch viele hübsche Punkte für Klagen“, sagte Volkmann gestern.

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