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Viel Platz. Vor dem Hotel Westin Grand (rechts) ist die Friedrichstraße nach dem Bau eines neuen Tunnels für die U 6 wieder hergestellt. Autos dürfen aber noch nicht über die neue Asphaltschicht fahren, auch wenn die Bauarbeiter jetzt langsam abziehen können. Foto: dpa

© dpa

Berlin: Oase der Ruhe

Die Friedrichstraße ist an der U-Bahn-Baustelle wieder befahrbar, bleibt aber trotzdem gesperrt. Die Anlieger freuen sich, dass der Baulärm vorbei ist – und die Züge fahren bald durch den neuen Tunnel.

Die ersten Züge sollen 2019 fahren. Frühestens. Der Direktor des Hotels Westin Grand Berlin, Rainer Bangert, ist schneller: Für ihn ist der Bau der U-Bahn-Linie U 5 vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor schon jetzt „Geschichte“. Der Abschnitt der Friedrichstraße, unter dem vor dem Hotel ein neuer Tunnel für die U 6 (Alt-Tegel – Alt-Mariendorf) gebaut werden musste, ist wiederhergestellt, die Baugrube geschlossen. Zumindest dort werden die Hotelgäste jetzt vom Baulärm weitgehend verschont. Und es bleibt ruhig, denn der Autoverkehr darf weiter nicht zurück auf die seit 13 Monaten unterbrochene Straße, die jetzt zu einer Oase der Ruhe wird.

Für BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta ist dagegen mit der Übergabe der Friedrichstraße nur ein Etappenziel erreicht. Aber ein wichtiges. Der Bau der neuen U 5 an dieser Stelle war schließlich mit dem Abriss des alten Tunnels der U 6 verbunden. Die Strecke zwischen den Stationen Friedrichstraße und Französische Straße musste deshalb unterbrochen werden; und obwohl es eine Buslinie zum Umfahren gibt, legen die meisten Fahrgäste den gut einen halben Kilometer langen Weg zu Fuß zurück.

Dabei passieren sie auch zahlreiche Geschäfte. Dass der Umsatz dort zugenommen hat, weil die Zwangsläufer auch Kunden in den Läden geworden sind, bezweifelt Rainer Boldt von der Interessengemeinschaft Friedrichstraße. Geschäftsinhaber hatten vor Beginn der Arbeiten befürchtet, dass wegen der Großbaustelle die Kunden ausbleiben würden. Einige waren vor Gericht gezogen, vor allem auch wegen des erwarteten Krachs. Unter Auflagen durfte die BVG aber bauen.

Finanzielle Einbußen habe das Westin Grand gehabt, sagte Bangert. Man habe versucht, die Zimmer zur Friedrichstraße nicht zu vermieten. Zwar habe es nachts keinen Lärm gegeben, doch für die Gäste sei es auch tagsüber nicht schön, auf eine Großbaustelle zu blicken. Die Höhe der Einbußen solle ein Gutachter ermitteln. Und dann gibt’s wohl eine Rechnung an den Bauherrn. Am Dienstag bedankte sich Bangert aber zunächst für die gute Zusammenarbeit mit der BVG, vergessen schienen bei der kleinen Feier auf der fast fertiggestellten Friedrichstraße die Klagen, die bis zum Bundesverwaltungsgericht geführt hatten.

Fertig sind die Fahrbahnen für die Autos, die Gehwege folgen, und auch die verlegten Rohre und Leitungen müssen noch unter die Erde gebracht werden. Auch im Kreuzungsbereich mit dem Straßenzug Unter den Linden gehen die Arbeiten weiter. Dort entsteht der neue Umsteigebahnhof zwischen der U 5 und der U 6. Deshalb ist die südliche Fahrbahn der Linden in diesem Bereich weiter gesperrt. Weil dort ein Abbiegen nicht möglich ist, bleibt die Friedrichstraße dicht – auch für Radfahrer. Die Verkehrslenkung Berlin (VLB) will die Straße erst freigeben, wenn auch Unter den Linden wieder nach Osten gefahren werden kann.

Das soll erst im Frühjahr oder vielleicht auch erst im Sommer 2014 möglich sein. So lang will Boldt nicht warten. Wenn wie vorgesehen ab dem 17. November Züge der U 6 durch den neuen Tunnel fahren, könne die Friedrichstraße zumindest für den Nord-Süd-Verkehr ohne Abbiegemöglichkeit zur Straße Unter den Linden geöffnet werden, fordert Boldt. Erschwerend komme hinzu, dass Vattenfall auf der parallelen Charlottenstraße im September bauen wolle.

Sputen müssen sich die U-Bahn-Bauer, damit am 17. November die neue Röhre für die U 6 in Betrieb gehen kann. Denn bereits am 22. November will die Bahn den Nord-Süd-Tunnel der S-Bahn zwischen Nordbahnhof und Anhalter Bahnhof sperren. Dort müssen die Gleise erneuert werden. Zwei Nord-Süd-Routen gleichzeitig zu unterbrechen wäre ein Desaster für den Nahverkehr.

Noch sei man im Zeit- und Kostenplan, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Dass es am Schluss bei den veranschlagten Kosten in Höhe von 433 Millionen Euro bleibt, bezweifelt aber, wie berichtet, selbst Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), der Chef des Aufsichtsrats der BVG ist. Große Sorgen muss er sich aber nicht machen, denn den Großteil der Kosten übernimmt der Bund.

Der Findling, der die Arbeiten am künftigen Umsteigebahnhof vorübergehend aufgehalten hatte, ist zertrümmert. Mehrere – teure – Bohrer gingen dabei kaputt. Wahrscheinlich in der nächsten Woche macht sich auch die Schildvortriebsmaschine wieder auf den Weg, die wie ein Maulwurf die Röhre für die U-Bahn gräbt. Derzeit wird „Bärlinde“ , wie die Maschine heißt, vor dem Unterqueren der Spree neu justiert und macht deshalb eine Pause. Stößt sie beim Bohren auch auf einen Findling, ist Handarbeit gefragt, sagte Projektleiter Udo Kailuweit von der Baufirma Bilfinger Construction. Arbeiter müssten einen großen Brocken mit Bohrern dann zerkleinern, damit „Bärlinde“ weitermachen kann. „Doch wir haben schon ganz andere Probleme gelöst“, machte Kailuweit Mut. Sogar ein Hotel hätten sie schon versetzt – und anschließend darin geschlafen. Das Westin Grand immerhin kann stehen bleiben.

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