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Polnische Grenzschützer überprüfen die Personalien eines Reisenden

© Patrick Pleul/dpa

Organisierte Kriminalität: Berliner Polizist als Autoknacker verhaftet

Ein Berliner Polizist soll in einem europäischen Autoschieber-Ring eine zentrale Rolle gespielt haben. Geprüft werden auch Verbindungen zu arabischen Clans.

Sie haben unter anderem in Berlin und Brandenburg Autos gestohlen, etwa aus Autohäusern, sollen sie unter falschen Identitäten wieder angemeldet und damit in ganz Europa Geschäfte gemacht haben. Am Donnerstag ist die Bande bei einer Razzia ausgehoben worden. Im Zentrum steht ein Berliner Polizist, 46 Jahre alt, seit mehr als 20 Jahren im Dienst, zuletzt bei einer Brennpunktstreife in Neukölln tätig. Die Berliner Polizei prüft auch Verbindungen zu arabischen Clans, Mitglieder der Bande sind durch entsprechende Kontakte aufgefallen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin spricht von organisierter, internationaler Kfz-Verschiebung. Am Donnerstagmorgen durchsuchten 250 Beamte 18 Objekte, die meisten davon in Berlin, wenige in Brandenburg und Niedersachsen. Zudem sind vier Tatverdächtige im Alter zwischen 30 und 52 Jahren – zwei Deutsche, ein Jordanier und ein Pole – in Untersuchungshaft genommen worden. Drei weitere Tatverdächtige sind vorläufig festgenommen worden. Insgesamt wird gegen 23 Personen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit ermittelt.

Der Polizeibeamte war bereits am Mittwoch verhaftet worden. Der 46-Jährige war schon längere Zeit observiert worden. Er hatte sich mit drei mutmaßlichen Autodieben am Saatwinkler Damm in Reinickendorf verabredet. Dort schlugen die Ermittler zu. Bei der Durchsuchung stießen sie auf umfangreiches Beweismaterial. Darunter waren acht teils hochwertige Pkw, ein Motorrad, Datenträger, Bargeld sowie Drogen, aber auch Spezialwerkzeuge, um Autos aufzubrechen und Wegfahrsperren zu umgehen.

Die Liste der Vorwürfe, die von der Abteilung für organisierte Kriminalität aufgeführt werden, ist lang. Es geht um gewerbs- und bandenmäßigen Diebstahl, Hehlerei, Betrug, Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Waffengesetz, Bestechung, Bestechlichkeit sowie Verstoß gegen Datenschutzvorschriften. Letzteres „durch entgeltliche Auftragsabfragen in das polizeiliche Informationssystem“, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Im Klartext: Der Polizeibeamte hat im Datensystem der Polizei, kurz Poliks, gegen Geld Informationen abgerufen und weitergereicht. Von 2014 bis Mitte 2018 hatte die Polizei gegen rund 50 Beamte Disziplinarverfahren wegen derartiger Verstöße eingeleitet.

Die Täter sollen slowenische und österreichische Personaldokumente genutzt haben

An dem gesamten Verfahren war den Angaben zufolge auch die europäische Polizeibehörde Europol beteiligt, ermittelt wurde im gesamten Bundesgebiet, aber auch in Frankreich, Belgien, Schweden, den Niederlanden, Italien, Österreich, Polen, Litauen und Algerien.

Der Ermittlungen waren im November eingeleitet worden, nachdem die Behörden auffällige Zulassungen von Autos in Berlin und im Landkreis Oberhavel bemerkt hatten. Die Autos waren in Berlin und Brandenburg gestohlen worden. Für die Zulassungen sollen laut Staatsanwaltschaft „unterschiedliche Falschpersonalien“ genutzt worden sein. Die Ermittler stießen darauf, dass die Täter für die Zulassung gefälschte slowenische und österreichische Personaldokumente vorlegten, daneben auch gefälschte Zulassungsbescheinigungen aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Schweden.

GdP-Sprecher: „Verdachtsmomente kamen nicht aus heiterem Himmel"

Eine zentrale Rolle soll der Berliner Polizist gespielt haben. Dem Vernehmen nach soll er die Geschäfte zwischen den Autodieben und den Schiebern vermittelt haben. Den Ermittlern ist der Polizist als Anmelder gestohlener Fahrzeuge aufgefallen. Ihm wird auch Bestechlichkeit und Urkundenfälschung vorgeworfen.

Zu dem per Haftbefehl verhafteten Mann kursieren unterschiedliche Angaben: Die Staatsanwaltschaft erklärt, der 46-Jährige sei im Frühjahr 2018 vom Dienst suspendiert worden. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist dem Mann bereits im September 2016 wegen Unzuverlässigkeit ein Verbot der Dienstausübung ausgesprochen worden.

GdP-Sprecher Benjamin Jendro bedauerte, dass noch nicht gerichtlich entschieden sei, ob der Mann in den Dienst zurückdarf. Daher bestehe die Gefahr, „dass schwarze Schafe, von denen man sich trennen möchte, noch weitere Straftaten begehen“ und ein negatives Licht auf die Polizei werfen. „Die Verdachtsmomente kamen nicht aus heiterem Himmel. In den Reihen der Berliner Polizei ist kein Platz für Straftäter, das muss mit aller Konsequenz umgesetzt werden.“

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