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Unterhaltung wie zu Königs Zeiten wollen die Berliner Residenz-Konzerte bieten.

© Große Orangerie Berlin GmbH, Jörg Metzner

Perückenkonzerte in Berlin: Veranstalter will 300.000 Euro Schadenersatz von Schlösserstiftung

Seit 2006 bespielen die Berliner Residenz-Konzerte die Große Orangerie des Charlottenburger Schlosses. Jetzt aber gibt es Streit mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.

Auf der Bühne sieht es aus wie zu Zeiten Friedrichs des Großen. Oder zumindest so, wie Otto Normalverbraucher sich einen barocken Konzertabend vorstellt: Die Musiker und Musikerinnen tragen gepuderte Perücken und stecken in Livree oder rüschigen Kleidern. Kerzen brennen zu beiden Seiten der hölzernen Notenständer, ein Zeremonienmeister begrüßt die Gäste und führt sie durch die Soiree.

Seit 2006 bespielen die Berliner Residenz-Konzerte die Große Orangerie des Schlosses Charlottenburg. Bei 2750 Konzerten lauschten bereits mehr als 380.000 Berliner sowie Touristen aus aller Welt den Klängen von Vivaldi, Bach und Händel, aber auch von fast vergessenen preußischen Hofkapellmeistern wie Quanz, Graun oder Benda. Wer mag, kann vor dem Musikgenuss noch ein Dinner buchen.

Glanz von früher

Die Berliner Perückenkonzerte sind eine Kopie des Wiener Originals. In der österreichischen Hauptstadt konkurrieren gleich mehrere Ensembles in historischen Outfits um die Gunst der Besucher. Stolz ist die Betreibergesellschaft „Orangerie Berlin“ darauf, dass ihre Wiederbelebung des höfischen Musiklebens ganz ohne Fördermittel vom Staat auskommt. Finanziell trägt sich das Unternehmen dadurch, dass sich viele Firmen gerne im linken Seitenflügel des Hohenzollernschlosses für Veranstaltungen einmieten.

Unterhaltung wie zu Königs Zeiten wollen die Berliner Residenz-Konzerte bieten.
Unterhaltung wie zu Königs Zeiten wollen die Berliner Residenz-Konzerte bieten.

© Große Orangerie Berlin GmbH, Jörg Metzner

Jetzt aber mischen sich Dissonanzen zwischen die harmonischen Töne. Thomas Gross, der Geschäftsführer der Residenz-Konzerte, hat einen Brandbrief an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten geschrieben. Es geht um Schadenersatzforderungen in Höhe von 300.000 Euro aufgrund von Bauverzögerungen bei den Sanierungsarbeiten an der Großen Orangerie.

Ich bin die Marketingmaschine der Stiftung.

Thomas Gross, Geschäftsführer der Residenz-Konzerte

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erläutert Gross, dass für die Hüllensanierung des Seitenflügels zunächst der Zeitraum von August 2021 bis Ende des Jahres eingeplant war. Dafür wurde eine Mietminderung vereinbart. Im Oktober habe er dann aber eine Mail von der Stiftung erhalten, in der es hieß, dass die Bauarbeiten länger dauern würden. Einen neuen Fertigstellungstermin habe man ihm nicht nennen können, sagt der Geschäftsführer. Daher musste er seine Kunden, die bereits Events gebucht hatten, vertrösten. Viele sagten ab. Erst Ende Mai 2022 konnte wieder eine Veranstaltung stattfinden.

Bauarbeiten stoppten die Musik

Seit gut einem Jahr laufen die Perückenkonzerte also wieder regulär, der Streit um die Schadenersatzforderung aber konnte seitdem nicht geklärt werden. Stattdessen kündigte die Stiftung im Januar 2023 weitere Baumaßnahmen an. Die Sanierung der Zufahrtswege zur Orangerie werde die kulturelle Nutzung erneut erheblich einschränken, befürchtet Gross. Ein Termin im März wurde von der Stiftung abgesagt, ein Treffen am 1. August ergab keine Lösung.

Aufgrund von Liquiditätsengpässen entschloss sich Thomas Gross, einen Brandbrief an die Generaldirektion zu schreiben. Er könne nicht warten, bis der Stiftungsrat im Herbst zu seiner nächsten regulären Sitzung zusammenkommt: „Für den Fortbestand der Berliner Residenz-Konzerte wäre das zu spät.“ Sein Ultimatum läuft bis zum 21. August, als Kompromiss schlägt er vor, dass er die Orangerie sechs Monate mietfrei nutzen darf und 150.000 Euro Schadenersatz erhält.  

Thomas Gross ist der Meinung, dass sich der staatliche Vermieter seiner privatwirtschaftlichen Veranstaltungsfirma gegenüber kulant zeigen könnte. Schließlich flössen seit 2006 Mieteinnahmen. Und das Schloss Charlottenburg profitiere auch davon, dass er ganzjährig Werbung für seine Konzerte mache. „Ich bin die Marketingmaschine der Stiftung“, findet er.

Auf Anfrage des Tagesspiegels bestätigt Frank Kallensee, Sprecher der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, den Eingang des Schreibens. „Dieses wird jetzt geprüft“, kündigt er an.

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