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Die neue Rennflunder von VW: der vollelektrische I.D. R Pikes Peak bei einer Testfahrt in Colorado.

© Jason Zindroski/Volkswagen

Pikes Peak International Hill Climb: Volkswagen geht elektrisch ins Rennen

Den I.D. R Pikes Peak hat VW eigens für das berühmte Bergrennen in Colorado entwickelt. Am Sonntag will man den Streckenrekord für E-Autos brechen.

Die Startnummer des berühmtesten Rennwagens aus dem Hause Volkswagen? Selbstverständlich die 53, die von Herbie, dem tollen Käfer. Ein echter Filmstar, praktisch unschlagbar, beherrschte schon in den Sechzigern das autonome Fahren perfekt und vieles mehr, woran die Ingenieure jetzt noch nicht mal zu denken wagen.
Über Herkunft oder gar Bedeutung der 53 gibt es unterschiedliche Deutungen, anders als bei der Nummer 94, unter der VW an diesem Wochenende beim berühmten Bergrennen „Pikes Peak International Hill Climb“ in den Rocky Mountains einen neuen Streckenrekord für diese Fahrzeugklasse aufzustellen hofft. Nicht mit einem buckligen Käfer, sondern mit dem flunderflachen, eigens für das Rennen in Colorado entwickelten Elektrorenner I.D. R Pikes Peak. Der Name verweist auf seine Zugehörigkeit zur I.D.-Familie elektromobiler Serienfahrzeuge, mit der VW 2020 auf den Markt kommen will, und das I ist nun mal der neunte, das D der vierte Buchstabe im Alphabet – daher die 94. Im Unterschied zu den Wagen für den Hausgebrauch, bei denen die Entwickler eine möglichst lange Akku-Laufzeit herauskitzeln müssen, kommt es am Pikes Peak darauf nun wirklich nicht an: In weniger als 8:57.118 Minuten muss der am Sonntag anstehende Auftritt des I.D. R mit seinem Fahrer, dem dreifachen Pikes-Peak-Gesamtsieger Romain Dumas, zu Ende sein. Das ist dort der bisherige Rekord für E-Fahrzeuge, aufgestellt 2016 von dem Amerikaner Rhys Millen.

156 Kurven bis zum Gipfel

Der Pikes Peak liegt nahe Colorado Springs, mit einer zur Erbauung der Touristen angelegten Serpentinenpiste zum Gipfel, auf der seit 1916 Jahr für Jahr das nach ihm benannte Bergrennen ausgetragen wird. Durch 156 Kurven ist ein Höhenunterschied von 2862 auf 4302 Meter zu bewältigen, bei dem Mensch und Motor die Luft doch arg dünn wird, so sehr, dass Verbrennungsmotoren beim Start schon auf 29 Prozent der Leistung, die sie auf Meeresniveau hätten, verzichten müssen, oben am Gipfel sogar auf 43 Prozent. Elektromotoren dagegen macht der Sauerstoffmangel nichts aus. Trotzdem liegt der Gesamtrekord für die knapp 20 Kilometer lange Strecke weiterhin bei einem Benziner: 2013 brauchte der Franzose Sébastien Loeb mit seinem Peugeot 208 T16 PP nur 8:13.878 Minuten.

Aufstieg zum Gipfel. Am Pikes Peak ist auf knapp 20 Kilometern ein Höhenunterschied von 1400 Metern zu überwinden, auf einer Straße mit 156 Kurven.
Aufstieg zum Gipfel. Am Pikes Peak ist auf knapp 20 Kilometern ein Höhenunterschied von 1400 Metern zu überwinden, auf einer Straße mit 156 Kurven.

© Vokswagen

Das Rennen am Pikes Peak ist nicht allein eine Motorsportveranstaltung, sondern ebenso ein Volksvergnügen, bei dem sich bereits am diesem Freitag wieder über 30 000 Besucher zum Fan-Fest in den Straßen von Downtown Colorado Springs versammeln werden, um sich bei Steaks, Hamburgern und Bier, bei Motorrad-Akrobaten oder dem „Fire Fighter Chili Cook-off“ zu amüsieren, vielleicht sogar das „Penrose Heritage Museum" zu besuchen, benannt nach Spencer Penrose, Bürger der Stadt, Investor und Gründer der traditionsreichen Rennens vor über 100 Jahren.

Ein "Botschafter" der Elektromobilität

Volkswagen hatte erst im September die Teilnahme beschlossen und mit der Entwicklung des Wagens begonnen, der allerlei positive Schlagzeilen, von illegalen Dieseldünsten garantiert nicht vernebelt, versprach. Und vor allem scheint er geeignet, als „Botschafter“ der Elektromobilität und damit der künftigen I.D.-Serienwagen zu dienen, wie es heißt. Von lästigen Regeln und Vorschriften, wie sie bei der Entwicklung regulärer Straßenfahrzeuge zu beachten sind, war man da weitgehend befreit. Die Klasse, in der der I.D. R antritt, hießt nicht umsonst „Unlimited“.
Entstanden ist mit dem rein elektrischen Prototypen „kein E-Muskelprotz, sondern ein eher drahtiger E-Sportler mit jeder Menge Schnellkraft“, wie es VW umschreibt. In Zahlen ausgedrückt sind das 680 PS bei einem Drehmoment von 650 Nm, die den inklusive Fahrer 1100 Kilo schweren Wagen bei günstigstem Grip in 2,25 Sekunden von 0 auf 100 km/h treiben, bei 240 km/h Höchstgeschwindigkeit. Die Energie, die dazu notwendig ist, beziehen die beiden Elektromotoren des Wagens nicht nur aus den Akkus, die laut Reglement in 30 Minuten aufzuladen sind. Ganze 20 Prozent des nötigen Stroms erzeugt er selbst: Beim Bremsen werden auch die Elektromotoren eingesetzt, die gleichzeitig als Generatoren wirken. Ausprobieren konnten die Ingeniere ihren Wunderwagen allerdings nur begrenzt, jedenfalls nicht am Pikes Peak. Der dient schließlich der Erholung, ein Naturidyll, auf dessen Straße nur dreimal je drei Stunden Testfahrten am frühen Morgen erlaubt waren, und fast ausnahmslos nicht über die Gesamtstrecke, sondern nur in einzelnen Abschnitten.
Und ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist nicht zu unterschätzen: das Wetter. Zwischen Colorado Springs und dem Gipfel sind ohne weiteres 20 Grad Temperatursturz möglich, Nebel kann heranwabern, auch Schnee hat es schon gegeben. Eine verkürzte Strecke, Rennabbruch gar wegen mieser Wetterbedingungen? Würde bei einem Rennen, das als „Race to the Clouds“ angepriesen wird, niemanden überraschen.

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