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Update

Polizei glaubte Opfern nicht: Sieben Menschen mit Schnaps auf Weihnachtsmärkten vergiftet

Ein Unbekannter verteilte auf Berliner Weihnachtsmärkten vergifteten Schnaps an mindestens sieben Menschen. Das erste Opfer kam schon am Mittwoch ins Krankenhaus. Die Polizei glaubte ihr aber nicht.

Von Fatina Keilani

Der Unbekannte, der auf den Weihnachtsmärkten am Breitscheid- und Alexanderplatz fünf Menschen Schnapsfläschchen mit giftigem Inhalt angeboten hatte, war offenbar schon am Mittwoch so vorgegangen – und zwar auf dem Weihnachtsmarkt am Opernpalais. Er sei gerade Vater geworden und wolle das feiern, erzählte er auch dort Passanten und gab eine Runde aus. Eine 24-jährige Berlinerin und ihr 26-jähriger Freund fielen darauf herein. Minuten später wurde ihnen übel, sie erbrachen sich, die Frau wurde bewusstlos und kam ins Krankenhaus. Doch die Polizei wollte den Opfern anfangs nicht glauben.

Zu diesem Zeitpunkt waren noch keine weiteren Fälle dieser Art bekannt. „Als die Polizei auf unseren Anruf hin ins Krankenhaus kam, wurden wir abgefertigt mit den Worten, da könne man leider nichts tun“, sagt die Mutter des Opfers. Erst als am Donnerstag weitere Fälle bekannt wurden, nahmen Polizisten die Aussage der Tochter auf. Nun war klar, das es insgesamt sieben Opfer gab. Die Polizei verbreitete die Nachricht am Samstag so, als habe sich die 24-Jährige erst Freitag gemeldet. „Das ist falsch“, sagt deren Mutter.

Die Polizei weist den Vorwurf zurück: Die in der Nacht zum Donnerstag im Krankenhaus geführten Ermittlungen hätten keine Hinweise darauf ergeben, dass die 24-Jährige Opfer einer Straftat geworden sein könnte. „Dies stützt sich auch auf Auskünfte der befragten Ärzte“, so die Polizei. Es habe keinen Anlass für weitere Nachforschungen gegeben.

Wie berichtet, hatte der Unbekannte – ein blonder Mann Ende 40 – immer dieselbe erfundene Geschichte erzählt. „Hat er vielleicht etwas gegen Ausländer?“, fragt sich die Mutter des 24-jährigen Opfers. „Meine Tochter sprach mit ihrem Freund englisch, und die anderen Opfer des Mannes waren ja anscheinend Touristen.“ Die Mutter ist der Auffassung, auch der Krankenhausarzt habe unzureichend reagiert. Er habe es abgelehnt, die Polizei einzuschalten, obwohl der Zustand der Tochter – geweitete Pupillen, fortwährendes Erbrechen, zuvor Bewusstlosigkeit – dies nahegelegt habe.

Die Tochter erinnerte sich nach dem Aufwachen, dass der Mann die Schnapsflaschen aus einem Rucksack geholt hatte, die Flasche für sich selbst aber aus der Jacke. Sie habe darauf geachtet, dass der Verschluss knackte, die Flasche also original verschlossen war. Blut- und Urintests blieben ergebnislos; das Erbrochene wurde offenbar nicht untersucht.

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