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Gewalt im Nahverkehr: Schläge, Tritte und Messerstiche in der U-Bahn

Die Serie der Gewaltvorfälle im öffentlichen Nahverkehr nimmt kein Ende. Vor dem Kriminalgericht in Moabit laufen derzeit vier Verfahren gegen U-Bahnschläger. Gestern musste sich René B. wegen einer Messerattacke in der U8 Anfang Januar verantworten.

Die drei Fahrgäste im Alter von 26 bis 28 Jahren stammten aus Polen und Weißrussland, wohnten aber in Berlin, sagte ein Polizeisprecher. Am Montagabend waren sie in der U8 Richtung Alexanderplatz unterwegs. Kurz vor der Haltestelle Moritzplatz in Kreuzberg gerieten sie offenbar mit den beiden unbekannten Tätern in Streit. Der Grund ist noch unklar, hieß es bei der Polizei. Die Auseinandersetzung eskalierte. Die beiden russisch sprechenden Täter schlugen auf die drei Männer ein.

Am U-Bahnhof Moritzplatz warfen die Angreifer schließlich einen der Männer aus dem stehenden Zug. Die beiden anderen Männer wurden weiter geschlagen und getreten. Alle drei Opfer erlitten Prellungen. Eines von ihnen zog sich außerdem eine Schnittwunde zu, als seine Brille zerbrach. Die Täter flüchteten unerkannt. Die Angegriffenen fuhren noch eine Station bis zum Bahnhof Heinrich-Heine-Straße weiter und riefen dort die Polizei. Der Mann, der wegen seiner zerborstenen Brillengläser eine Schnittwunde erlitten hatte, ließ sich im Krankenhaus behandeln. Die Kriminalpolizei ermittelt. „Wir haben eine Datensicherung der Bilder der Überwachungskameras für die Polizei veranlasst“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Die Polizei wertet die Bilder nun aus.

In den vergangenen Wochen und Monaten war es in Berlin wiederholt zu Übergriffen auf U-Bahnhöfen oder in den Zügen gekommen. So war der 30-jährige Malergeselle Marcel R. am 11. Februar im U-Bahnhof Lichtenberg so brutal zusammengeschlagen worden, dass er drei Wochen lang im künstlichen Koma lag. Das Opfer wird am Wochenende das Krankenhaus verlassen können. Danach folgt eine mehrwöchige Behandlung in einer Kurklinik.

Auch in der Nacht zu Mittwoch seien laut Planung der Polizei wieder zehn Beamte von Abschnitten als Doppelstreife mit BVG-Mitarbeitern auf „Brennpunktbahnhöfen“ wie dem Hermannplatz eingeteilt gewesen, sagte ein Ermittler. BVG-Sprecherin Reetz betonte, dass der Einsatz der Doppelstreifen bislang problemlos funktioniere. Dass die Kräfte der Landeseinsatzreserve, die ebenfalls auf den Bahnhöfen Präsenz zeigen sollen, abgezogen werden können, wenn viel los ist in der Stadt, sei „von Anfang an klar gewesen“. Die Berichterstattung über die brutalen Übergriffe und das neue Sicherheitskonzept zeigten laut Reetz erste Auswirkungen: „Mein Eindruck ist, dass den Leuten wieder mehr bewusst wird, dass sie Hilfe rufen können – per Handy oder an unseren Notrufsäulen.“ Dies passiere jetzt auch bei kleineren Vorfällen häufiger.

Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln ist für die Justiz inzwischen ein Dauerthema. Derzeit laufen am Moabiter Kriminalgericht vier Verfahren, in denen sich junge Männer als Schläger oder Messerstecher verantworten müssen. Die Tatverdächtigen berufen sich auf Notwehr oder fehlende Erinnerung. Auch René B. kann sich seinen Angriff in der U8 Anfang Januar angeblich nicht erklären. „Ich hatte Alkohol getrunken“, sagte der zwei Meter große und 120 Kilogramm schwere Mann am Dienstag. Er hatte laut Anklage zwei Fahrgäste verletzt.

Der 30-jährige B. gehört nach den Aussagen von Zeugen zu jenen Tätern, die plötzlich Streit suchten. „Er machte erst Leute an“, erinnerte sich eines der Opfer, ein 43-jähriger Bäcker. Der ihm fremde Mann habe in Höhe des Bahnhofs Wittenau dann Geld verlangt. Sekunden später zog er ein Messer und verletzte den Bäcker durch einen tiefen Stich in den Oberschenkel. Als dessen Schwiegersohn den Angreifer wegziehen wollte, wurde der 29-jährige Helfer an der Hand getroffen. Der Bäcker musste notoperiert werden. Eine U-Bahn hat er aus Angst seither nicht mehr benutzt. Der Prozess um Körperverletzung und versuchte räuberische Erpressung wird am Freitag fortgesetzt.

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