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Gruselig. Hitler leuchtete von der Mall of Berlin.

© Sven Darmer/Darmer

Hitler-Porträt leuchtet mitten in Berlin: Er ist wieder da

Die Polizei rückt wegen eines Hitler-Porträts zum Leipziger Platz aus. Alles nur Kunst, sagen die Macher, die den Diktator "arm, aber tendenziell sexy" nannten.

Er ist wieder da - auf diesen Gedanken konnten zumindest Anwohner am Leipziger Platz kommen, die am Montagmorgen gegen 4 Uhr von Goebbelsgeschrei aus den Betten gerissen wurden. "Wollt ihr den totalen Krieg" schrie die Stimme des NS-Propagandaministes über Lautsprecher in die Nacht. Dazu strahlte die Bewohner eine acht Meter große Hitlerbild-Projektion von der Fassade der "Mall of Berlin" entgegen. 20 Sekunden dauerte der Spuk, dann war wieder Ruhe.

Hitlerbild keine Straftat

Was eine Tat von Neonazis sein könnte, stellte sich schnell als Kunstprojekt heraus. Die Hitler-Projektion ist Teil des Lichtfestivals "Berlin leuchtet", das am Freitag beginnt. Mindestens einem Anwohner schien das aber nicht bewusst gewesen zu sein, denn er alarmierte die Polizei.

Man sei mit einem Streifenwagen zur Stelle gewesen, hieß es dazu aus der Pressestelle der Polizei. Die Beamten hätten bei ihrem Einsatz aber keine Gesetzesüberschreitung feststellen können. "Das Zeigen von Hitler stellt keine Straftat dar", erklärte eine Polizeisprecherin dem Tagesspiegel. Da die Aktion Teil einer geschichtlichen Auseinandersetzung sei, greife eine sogenannte "Sozialadäquanzklausel". Damit habe es keinen Verstoß gegen Paragraf 86a gegeben, der das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verbietet.

"Hitler arm aber tendenziell sexy"

Warum es überhaupt zu dem Vorfall kam, ist indes noch unklar. "Wir hatten unsere Generalprobe eigentlich am Abend davor", sagte der Vorstandsvorsitzende von "Berlin leuchtet", Uwe Timm, dem Tagesspiegel am Donnerstag. Warum die Kunstaktion mitten in der Nacht nochmal geprobt wurde, müsse man nun klären. Laut Timm sei die Aktion auch bereits am Sonntagmorgen und ohne Ton geschehen.

Ebenfalls Klärungsbedarf dürfte wohl auch bei einem Text bestehen, der kurzzeitig auf der Internetseite von "Berlin leuchtet" zu sehen war. Dort warb man für das Festival mit dem Satz: "was David Hasselhoff mit Otto von Bismarck verbindet, warum Adolf Hitler arm aber tendenziell sexy war, und was die Stadt Berlin in den letzten hundert Jahren an anderen philosophischen Weisheiten offenbart hat“. Ein "Übertragungsfehler" sei dies gewesen, sagte Timm und erklärte, dass an der Erarbeitung mehrere Autoren geschrieben hätten. "Wir finden Hitler natürlich nicht sexy - und arm war er auch nur geistig", sagte Uwe Timm. Inzwischen haben die Organisatoren den Namen Adolf Hitler durch den von Klaus Wowereit ersetzt.

70 Gebäude werden beleuchtet

Dass es sich bei der ganzen Aktion nur um PR-Aktion handelt, bestritt Timm. Das Thema sei aufgebauscht worden, ärgert er sich. "Wir zeigen 100 Jahre Berliner Geschichte und dabei können und wollen wir die Nazi-Episode nicht verschweigen", sagte er. Weitere Kunstaktionen mit historischen Charakter seien bei dem Lichter-Festival im Übrigen nicht geplant.

Das Festival lockt jedes Jahr etwa zwei Millionen Touristen aus der ganzen Welt in die Hauptstadt. In diesem Jahr sollen etwa 70 Gebäude beleuchtet werden. Darunter das Brandenburger Tor, der Berliner Dom und die Gedächtniskirche. Wer sich die Installation am Potsdamer Platz anschauen möchte, kann dies bereits heute Abend machen. Zwischen 19 und 24 Uhr wird die zehnminütige Lichter-Show in Dauerschleife gezeigt.

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