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Ortstermin. Genossenschaftsmitglied Juval Dieziger (rechts) erläutert SPD-Chef Jan Stöß (zweiter v. r.), Ellen Haußdörfer und John Dahl (beide SPD) seine Pläne.

© Thilo Rückeis

Präzedenzfall "Bar 25"- Gelände: Attacke am Spreeufer

Der neue SPD-Chef Stöß will Wohnungen und Kulturprojekte auf dem früheren Bar-25-Gelände. Der Eigentümer, die BSR, will das Grundstück lieber meistbietend verkaufen. Der Kampf um die Liegenschaftspolitik ist entbrannt.

Die Kampfzone um die neue Berliner Liegenschaftspolitik ist abgesteckt: Es ist die Brache im Gebiet der Media-Spree nahe Ostbahnhof, wo vor zwei Jahren noch die legendäre Bar 25 stand. Das mehr als 6000 Quadratmeter große Bauland soll verkauft werden. Interessenten gibt es viele. Der Meistbietende soll den Zuschlag bekommen. So will es zumindest der Eigentümer, die landeseigene Berliner Stadtreinigung (BSR). Doch nun regt sich Widerstand. Der neue SPD-Chef Jan Stöß sowie die für Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus zuständigen Fraktionssprecher von SPD und CDU fordern eine alternative Nutzung, die Raum für bestehende Kulturprojekte lässt und günstigen Wohnraum lässt. Sie berufen sich dabei auf den Koalitionsvertrag. Doch dafür müsste die BSR auf Geld verzichten, weil nicht der Meistbietende den Zuschlag bekäme.

„Dieses Grundstück ist nicht irgendein Ort, deshalb ist die anstehende Vergabe der richtige Anlass, mit der beschlossenen Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik zu beginnen“, sagt SPD-Chef Stöß. Einfach ausgedrückt: Landeseigene Grundstücke sollen nicht mehr zum höchstmöglichen Preis an einen beliebigen Investor verkauft werden. Der Senat soll stattdessen prüfen, wie ein Käufer das landeseigene Bauland nutzen will und ob die Bürger davon profitieren, indem öffentliche Grünflächen entstehen, Kultur- oder Sozialeinrichtungen ihren Platz bekommen und neue Wohnungen nicht nur für Spitzenverdiener entstehen. „Stadtrendite“ sei das, die allen Berlinern zugute komme. Mit einem solchen Konzept wirbt nur eine Bietergemeinschaft: die früheren Betreiber der Bar25, die heute das „Kater Holzig“ führen.

Bildergalerie: Der "Bar 25"- Nachfolger "Kater Holzig"

Eine kleine Revolution wäre es, wenn dieser politische Schwenk gelänge. Denn bis auf Ankündigungen ist es bisher nicht weit her mit der neuen Liegenschaftspolitik, mit der Rot-Schwarz der Wohnungsnot und der Verdrängung von Sozial- und Kulturprojekten aus der Innenstadt den Kampf ansagen wollte. Es gibt Widerstände. Zwei Jahre sind vergangen, seitdem die SPD Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos; für SPD) um Vorschläge für entsprechende Vergabekriterien gebeten hatte – „Konzepte sind es, die wir von der Finanzverwaltung erwarten“, drängt Ellen Haußdörfer, in der SPD-Fraktion für Stadtentwicklung zuständig. Die Zeit drängt, denn der Senat bietet weiterhin Grundstücke zu Höchstpreisen an oder nach anderen nicht immer durchsichtigen Kriterien. Das BSR-Areal an der Holzmarktstraße ist als Nächstes dran. Das soll verhindert werden. Denn dafür sei „dieser Teil Berlins zu wichtig“, sagt Stöß. Das Land müsse „das beste Konzept für dieses Stück Spreeufer finden“.

 Das Grundstück liegt direkt an der Spree.
Das Grundstück liegt direkt an der Spree.

© Thilo Rückeis

Lässt es Stöß nun auf eine Kraftprobe mit dem Senat ankommen? Bei seiner Wahl zum SPD–Chef hatte er erklärt, die Partei müsse den Senat schon mal „treiben“. Beginnt nun die Treibjagd in der Kampfzone Media-Spree? Sicher ist, die BSR selbst kann gar nicht anders, als das Areal meistbietend zu verkaufen, heißt es dort. Alles andere würde dem Betrieb finanziell schaden, und die BSR-Vorstände müssten dafür haften. Zumal es viele Bewerber für das Filetgrundstück an der Spree gibt – und diese hohe zweistellige Millionenbeträge anbieten.

Wer dieses laufende Verfahren doch noch stoppen will, muss dem BSR-Vorstand eine Weisung erteilen. Der Senat kann das tun, er ist als Eigentümer des Betriebs im Aufsichtsrat vertreten. Doch der Chef des Gremiums ist Finanzsenator Ulrich Nußbaum, und der lässt seinen Sprecher sagen: Das Grundstücksgeschäft sei „operative Aufgabe des BSR-Vorstands“. Nußbaum hatte bereits Initiativen des Liegenschaftsfonds und der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo ausgebremst, die Grundstücke einsetzen wollten, um günstige oder alternative Wohnraumprojekte voranzubringen.

„Es gilt, was im Koalitionsvertrag ausgehandelt wurde“, kontert Stöß. Darin sei die neue Liegenschaftspolitik vereinbart. Das müsse man ernst nehmen, auch bestehe ein „breiter Konsens innerhalb der SPD, den wir im Übrigen mit dem Koalitionspartner teilen“. Das bestätigen Mitglieder der CDU-Fraktion, die den Senat in der Sache um Auskunft bat. „Große Sympathie“ bestehe für eine kulturelle Nutzung, sagt der für Stadtentwicklung zuständige CDU-Sprecher Stefan Evers. Und der Doyen der Berliner Stadtentwicklung, Ex-Kultursenator Volker Hassemer, hat sich festgelegt: Das Konzept der „Holzmarkt“-Genossenschaft ist das Beste für diesen Ort. Der höchste Kaufpreis käme Berlin hier teuer zu stehen.

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