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Berlin: Praktisches Lernen: Hellersdorfer Schülerfirma setzt auf Grün - Teenager als Geschäftsführer

Zensurenvergabe ist normalerweise keine sonderlich demokratische Angelegenheit: Die Schüler müssen nehmen, was sie kriegen. An der Erasmus-von-Rotterdam-Schule ist das anders.

Zensurenvergabe ist normalerweise keine sonderlich demokratische Angelegenheit: Die Schüler müssen nehmen, was sie kriegen. An der Erasmus-von-Rotterdam-Schule ist das anders. Da hat auch Lehrerin Gudrun Zado nur eine Stimme, wenn in ihrem Wahlpflichtkurs "Botanik" Noten verteilt werden. Wie ihre Schüler ist sie Gesellschafterin der Schülerfirma "Rotterdams Botaniker", und die Geschäftsführung hat der 15-jährige Patrick Knychala inne. "Wenn Frau Zado einen vernünftigen Vorschlag macht, dann findet er eine Mehrheit", sagt er. "Wie bei jedem anderen auch."

Freitag, sechste Stunde. Ein Schulhaus Marke Plattenbau: grau und trostlos - von draußen. Drinnen Grün, wohin man schaut. Auf den Fensterbänken stehen Pflanzenkübel, in den Ecken sprießen die Kakteen. Im zweiten Stock bearbeiten Patrick Milde und Jenny Skoruppa einen Auftrag. Ihre Firma liefert Blumenarrangements, und das zu einem konkurrenzlos günstigen Preis. Zwanzig Mark zum Beispiel kostet der Fensterkübel, in den die beiden gerade Graslilien einpflanzen. Bestellt hat ihn eine Lehrerin, wie überhaupt die meisten Aufträge aus dem Kollegium stammen. "Besonders wichtig ist, dass man den Pflanzen genug Raum lässt und sie nicht beim Einpflanzen verletzt", sagt Patrick Milde.

Wie seine 14 Kurskollegen trägt er einen blauen Arbeitskittel. Sieht professionell aus, und genau das ist, worauf es den Schülern ankommt. "Endlich sitzen wir mal nicht über unseren Büchern, sondern können was Praxisnahes machen", sagt Jenny Skoruppa, und Nicole Maaß erzählt, dass sie später Verkäuferin werden wolle. Mit Geld umzugehen, das lernt sie schon hier, wie Gudrun Zado betont: "Die Jugendlichen müssen beim Einkaufen schon genau auf die Preise gucken, damit bei einem Auftrag von zwanzig Mark die angestrebten fünf Mark Gewinn übrig bleiben."

Worauf sie sich verlassen kann. Das Engagement der Nachwuchs-Botaniker, die quasi in zweiter Generation die Geschäfte der Firma fortführen, ist mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt im November mit einem Sonderpreis "Praktisches Lernen". Vor jeder Auslieferung machen sie eine gemeinsame Qualitätsprüfung und stimmen über eine abschließende Note für die Schüler ab, die den Auftrag bearbeitet haben. "Oft sind sie dabei strenger, als ich es wäre", sagt Gudrun Zado. Wobei Strenge nicht Fairness ausschließe.

Im Augenblick befassen sich die Gesellschafter mit der Frage, wie sie das Geschäft ankurbeln können. Nicole Maaß hatte die Idee zu einem Firmenlogo: Sonnenblume mit roter Nase und Silberblick. Entworfen haben sie es dann wieder alle gemeinsam, demokratisch wie immer. Patrik Knychala zeigt den Flyer, den die Schüler im Bezirk verteilen wollen. Ganz wichtig: "Farbig muss er sein, das spricht an." Endlich, da sind sich alle einig, muss die Vermarktung auch außerhalb der Schule gelingen. Damit käme mehr Geld in die Kasse, und auch die länger geplante Schulhofbegrünung könnte finanziert werden.

Viel Zeit zum Überlegen bleibt heute nicht, denn irgendwann klingelt es: Die sechste Stunde ist zu Ende. Und plötzlich sind die Gesellschafter von "Rotterdams Botaniker" wieder ganz normale Neuntklässler, für die nichts dringlicher ist, als möglichst schnell ins Wochenende zu entfliehen.

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