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Pfarrerin Jasmin El-Manhy von der Gethsemanekirche, der ältesten Kirche in Berlin Prenzlauer Berg.

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Prenzlauer Berg: Gethsemanekirche feiert 125-jähriges Jubiläum

Ein Segen im Helmholtzkiez: Pfarrerin Jasmin El-Manhy erklärt, was an der Kirche so besonders ist.

Am 2. Oktober 1989 begann die Mahnwache für die zu Unrecht Inhaftierten an der Gethsemanekirche in der Stargarder Straße in Prenzlauer Berg. Ein Transparent mit den Worten „Wachet und betet“ wurde über dem Eingangsportal angebracht. Spätestens als knapp eine Woche später Volkspolizei und Staatssicherheit mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgingen und viele Menschen vor einer Verhaftung im Kirchenraum Schutz fanden, wurde die Gethsemanekirche zu einem Manifest des friedlichen Widerstands in Ost-Berlin.

An diesem Wochenende feiert die älteste Kirche in Prenzlauer Berg ihr 125-jähriges Bestehen. Ein Gespräch mit Pfarrerin Jasmin El-Manhy, die seit drei Jahren Pfarrerin in der Gemeinde ist.

Warum ist die Gethsemanekirche so besonders?

Das hat viel mit ’89 zu tun, mit den Protesten, die hier stattgefunden haben. Gerade bei Taufgesprächen oder Hochzeiten sagen viele: An diesem Ort taufen wir unsere Kinder gerne, trauen wir uns gerne. Und die Bedeutung von damals hat sich fortgesetzt. Ich glaube, die Gemeinde wird immer noch als eine offene, eine politische wahrgenommen. Das Thema der Mahnwache wurde im Golfkrieg wieder aufgenommen, 2003 haben wir trotz Widerstand den ökumenischen Kirchentag hier gehalten. 2017, im Zusammenhang mit Peter Steudtners Inhaftierung, haben sich tägliche Gebete ergeben, die bis heute fortdauern. Der Vers „Wachet und Betet“ begleitet die Kirche seit 1989.

Wie setzt sich die Gemeinde zusammen?

Es ist eine Gemeinde, die in jedem Fall auch für Touristen interessant ist, vor der Kirche ist auch ein Punkt, an dem über die Geschichte der Mauer informiert wird. Und wir sind eine ganz junge Gemeinde, mit vielen jungen Familien, Kindern und Jugendlichen. Aber die Menschen, die hier 1989 aktiv waren, findet man auch noch.

Warum braucht es im Helmholtzkiez eine Kirche?

Das ist eine Frage, die sich die ganze Gesellschaft stellt: Welchen Faktor hat die Kirche? Ich glaube nicht, dass die Kirche noch ein Monopol hat, was Lebensdeutungen angeht. Da gibt es auch viele andere Quellen aus anderen Religionen, aus Ideologien oder Lebensweisheiten. Und trotzdem kommen Menschen immer noch in die Kirche. Weil wir offensichtlich ein Angebot machen, sein Leben vor der Tradition der christlichen Lehre zu deuten. Und Menschen finden sich nach wie vor in den Geschichten, der Musik, den Ritualen wieder. Und auch der Segen: Wenn Kinder geboren werden, werden sie zur Kirche getragen und das Leben wird dort gesegnet. Es sind Rituale, die tief im Menschen verwurzelt sind, die die Kirche ermöglicht. Die Kirche bietet Raum für Individualität und ordnet gleichzeitig in etwas Größeres ein. Und das fehlt oft, wenn jeder immer nur seins macht.

Aus dem Tagesspiegel-Bezirksnewsletter für Pankow – diesmal von Helena Piontek. Kostenlos bestellen unter der Adresse: www.tagesspiegel.de/leute

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