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Höher, schneller, weiter. Nach den Werksferien soll die Arbeit an jeder Station des Fließbandes eine halbe Minute dauern, so das Portal Teslamag. 

© Patrick Pleul/dpa

Produktionsstop bei Tesla in Grünheide: Gigafactory macht Betriebsferien - auch zum Ausbau der Kapazität

In der Gigafactory in Grünheide stehen im Juli zwei Wochen lang die Fließbänder still, damit sie danach um so schneller laufen.

Elon Musk, der in Krisen selbst einfliegt, machte keinen Abstecher zur Gigafactory Berlin-Brandenburg. Der exzentrische wie ungeduldige Tesla-Chef sah für ein persönliches Eingreifen keine Notwendigkeit, obwohl er sich am Wochenende ohnehin in Europa aufhielt, für eine Privataudienz beim Papst.

Musk, der kürzlich die Werke in Grünheide und Texas wegen Milliardenverlusten „Geldverbrennungsöfen“ nannte, flog am Sonntag mit seinem Privatjet direkt aus Venedig zurück, Business as usual.

Elon Musk: Hochfahren der Fabrik dauert neun bis zwölf Monate 

Es ist kein Widerspruch, dass die Gigafactory, die er erst im März im Beisein von Kanzler Olaf Scholz (SPD) eröffnet hatte, nach wenigen Monaten nun Pause macht, im Juli für zwei Wochen die Produktion einstellt – für „branchenübliche Werkferien“, wie es heißt.

Die meisten der 5000 Mitarbeiter, seit März bereits 1500 mehr, machen ab nächsten Montag Sommerurlaub. Es ist damit in kürzester Zeit der größter Industriearbeitgeber in der Hauptstadtregion geworden. 

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Die Zeit wird auch gebraucht, um das Hochfahren der Fabrik deutlich zu beschleunigen, die Technik besser zu justieren. Nach Informationen des Portals „Teslamag“ sollen danach an jeder Station des Fließbandes rund 30 Sekunden nötig sein, bisher sind es drei Minuten. Allerdings ist eine solche Versechsfachung des Tempos in diesem Stadium in so kurzer Zeit nicht plausibel. Es wäre ein Quantensprung.

Im letzten Quartalsbericht für 2022 („Earnings Call“) hatte Musk im April erklärt, dass man nach Produktionsbeginn „neun bis zwölf Monate“ brauche, bis qualitativ hochwertige Fahrzeuge in großen Stückzahlen hergestellt werden können.

Er hoffe, dass man es schneller schaffe, sagte Musk da. „Aber um die 5000 Einheiten pro Woche zu erreichen, haben wir in der Regel etwa zwölf Monate ab Produktionsbeginn gebraucht.“ Das wäre in Grünheide im März 2023. Aktuell produziert das Werk 1000 Model Y pro Woche. Für die angepeilte Jahreskapazität von 500 000 Fahrzeugen müssten wöchentlich sogar 9000 Autos hergestellt werden.

Wasserverband WSE gegen aktuelle Pfahlgründungen in der Fabrik 

Obwohl konzernweit Personal abgebaut wird, treibt Tesla in Grünheide Neueinstellungen voran, was angesichts des Mangels an Fachkräften nicht leicht ist. Um die Stückzahlen zu erhöhen, soll noch 2022 der Drei-Schicht-Betrieb starten und die zweite „Gigapresse“, bereits angeliefert, in Betrieb gehen. Dafür wird das Presswerk um einen zurückgestellten Anbau ergänzt, für den 1300 Gründungspfähle in den Boden gerammt werden.

Gerammt wird mit Erlaubnis der Kreisbehörde Oder-Spree, obwohl die Hauptgenehmigung ein leiseres Bohrverfahren vorsieht. Gegen die Rammungen im Trinkwasserschutzgebut hat der Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) geklagt, was das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) vergangene Woche abschmetterte.

„Wir prüfen das Urteil und entscheiden dann, ob wir in die nächste Instanz gehen“, sagte WSE-Sprecherin Sandra Ponesky am Montag dieser Zeitung. Es gebe ein EU-weit geltendes Verschlechterungsverbot für Trinkwasserschutzgebiete. 

Verspätete Auslieferungen wegen Mängeln bei Antriebsfertigung 

Zudem machen technische Schwierigkeiten und weltweite Lieferkettenprobleme keinen Bogen um Grünheide. So waren nach Schilderungen von Betroffenen mehrfach Liefertermine für Model Y aus Grünheide gecancelt worden, wegen Mängel in der Antriebseinheit.

Das sei behoben, heißt es. Und letzte Woche hat das Kraftfahrzeugbundesamt auf seiner Homepage einen „Rückruf“ für Tesla-Modelle 3 und Y – weltweit 59 121 Fahrzeuge betreffend – veröffentlicht, wegen drohender Software-Ausfälle beim elektronischen Notrufsystem. Tesla-Besitzer müssen für diesen „Rückruf“ aber nicht in die Werkstatt: Das nötige Software-Update wird, wie es Standard beim US-Elektroautobauer ist, weltweit online auf die Fahrzeuge gespielt. 

Steinbach: Hochlaufphase einer Fabrik ist besondere Zeit 

Bei Tesla werde medial immer gleich alles hochgezogen, er könne beim Werk in Grünheide „keine Krise erkennen“, sagte Frank Bommert, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag und CDU-Vizefraktionschef. „Werksferien sind auch bei Audi oder Volkswagen völlig normal.“ In Wolfsburg beginnen diese Ende Juli, wenn die Grünheider Belegschaft aus den Ferien zurückkommt.

„Sicherlich ist die Hochlaufphase einer Fabrik eine besondere Zeit, die an der ein oder anderen Stelle auch Nachjustierungen verlangt“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) dem Tagesspiegel zur aktuellen Lage um das Grünheider Werk. „Ich gehe aber davon aus, dass Tesla die richtigen Entscheidungen trifft, um die Fabrik gut aufzustellen.“

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