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Mitarbeiter der Berliner Polizei vor dem Taxi von Mustafa A.. Wegen zehn Euro wurde der 49-Jährige getötet.

© dpa/Fabian Sommer

Prozess um getöteten Taxifahrer in Berlin: Gutachterin nennt mutmaßlichen Mörder „hochgradig gefährlich“

Wegen zehn Euro wurde ein Taxifahrer erstochen. Der mutmaßliche Mörder gilt als psychisch krank. Doch seine Schuldfähigkeit war laut Gutachterin nicht gänzlich aufgehoben.

Keine Reue zeigte Hassem B. und wirkte emotional unbeeindruckt, als er den tödlichen Messerangriff auf einen Taxifahrer gestand. Gefühllosigkeit, Affektarmut: Sie zeigen sich nach einem psychiatrischen Gutachten als Symptome seiner seelischen Störung.

Der Angeklagte sei „ein 24-Jähriger, der viele Charakteristika einer schizophrenen Erkrankung aufweist“, erklärte die Gutachterin am Dienstag vor dem Berliner Landgericht. Seine Schuldfähigkeit sei aus ihrer Sicht bei der Tat erheblich vermindert, allerdings nicht gänzlich aufgehoben gewesen.

Die Anklage lautet auf Mord. Hassem B. war am Morgen des 6. April gegen 8.10 Uhr am Bahnhof Südkreuz in ein Taxi gestiegen. Der 49-jährige Mustafa A. am Steuer sollte ihn zu einem Hotel in Grunewald bringen. B. hatte in der Tasche ein Messer, mit dem er zwei Tage zuvor in Belgien seine 53-jährige Freundin erstochen haben soll.

Wie aus dem Nichts griff er den Taxifahrer an. Wegen zehn Euro in einer Ablage stach er zu. Er habe getötet, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, er würde es wieder tun, gestand er später. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, aus Habgier, um einen Raub zu ermöglichen und heimtückisch den 49-Jährigen am Steuer durch einen Stich in den Hals ermordet zu haben.

Schuldfähigkeit ist die Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Hassem B. sei das Verbotene der Tat bewusst gewesen, erheblich eingeschränkt aber sei seine Fähigkeit gewesen, „sich dem Gesetz folgend zu steuern“, so Dagny Luther, die psychiatrische Sachverständige in dem Verfahren. Sie sehe jedoch keine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit – „dafür gab es zu viele gesteuerte Elemente“. So habe B. den Fahrer gebeten, nicht direkt vor dem Hotel zu halten.

Ich wollte ihn töten und Geld wegnehmen.

Angeklagter Hassem B. in seinem Geständnis bei der Polizei.

Die Schuldfähigkeit sei nicht aufgehoben, sondern vermindert, zudem liegen aus Sicht der Gutachterin die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vor. B. müsse behandelt werden – „ich halte ihn weiterhin für hochgradig gefährlich“.

Das aufgezeichnete Geständnis von B. bei der Polizei war im Prozess abgespielt worden. „Ich wollte ihn töten und Geld wegnehmen“, erklärte B. tonlos. Weil er hungrig gewesen sei. Nach Geld gefragt habe er nicht, „weil ich zu stolz bin“, so der mutmaßliche Mörder. Die erbeuteten zehn Euro hätten gereicht, um „den Magen zu füllen“. Chips, Kaffee, Capri-Sun habe er gekauft.

„Töten ist eine gute Sache“, meinte B. und „ich glaube, ich werde es fortsetzen“. Diesen Weg habe er in einer Lebensphase gewählt, „wo alles eng war“. Was im belgischen Etterbeek geschah? „Die Sache mit der Frau war Rache, weil sie mir Geld weggenommen hatte.“

Hassem B. war als 13-Jähriger mit Verwandten aus Tunesien geflohen. Der Grund dafür sei unklar, so die Gutachterin. Zwei Jahre habe er in Italien gelebt, sei dann als 16-Jähriger mit einem Cousin nach Paris gegangen, zwei Jahre später nach Belgien. Seit 2017 hat er dort einen Flüchtlingsstatus. Anfangs hatte er wohl noch Gelegenheitsjobs, packte Obst und Gemüse aus. Mit 19 Jahren wurde er straffällig – immer wieder. Am Freitag könnte es nach den Plädoyers zum Urteil kommen.

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