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Eine "Querdenken"-Demo im April in Berlin.

© epd-bild/RolfxZoellner

Update

„Querdenker“-Protest zu Pfingsten in Berlin: Oberverwaltungsgericht bestätigt Demoverbot – Beschlüsse nicht anfechtbar

Das Verwaltungsgericht hatte Eilanträge gegen Verbote der Proteste abgewiesen. Die Organisatoren legten Beschwerden ein – die wurden am Freitag zurückgewiesen.

Das Verbot von Demonstrationen von Kritikern der Corona-Maßnahmen bleibt bestehen. Das Berliner Oberverwaltungsgericht bestätigte am Freitagabend die Beschlüsse dazu, sie sind nicht anfechtbar.

Zuvor hatte das Berliner Verwaltungsgericht zwei Eilanträge gegen mehrere Verbote von Protesten am Pfingstwochenende abgelehnt. Die Organisatoren der "Querdenken"-Proteste hatten daraufhin Beschwerden eingereicht. Die Beschwerden hat das Oberverwaltungsgericht nun zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer hätten laut Oberverwaltungsgericht die Annahme "nicht durchgreifend in Zweifel gezogen", dass die Versammlungen wegen einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verboten werden durften. Zu befürchten seien Verstöße gegen die Hygienevorschriften. Negative Erfahrungen aus "Querdenken"-Protesten der jüngeren Vergangenheit würden diese Annahme rechtfertigen.

Die Polizei hatte eine Reihe von Demonstrationen der Corona-Kritiker untersagt. Zunächst waren es fünf, am Freitag war von acht oder neun Verboten die Rede. Darunter waren auch zwei große Demonstrationen am Samstag und Sonntag mit dem Titel „Für Frieden, Freiheit und Grundrechte“ und jeweils 16.000 angemeldeten Teilnehmern.

Auf diese beiden großen Demonstrationen bezieht sich einer der beiden Einsprüche. Der zweite Eilantrag betrifft laut Gerichtssprecher zwei verbotene Demonstration am Montag, für die 600 und 1000 Teilnehmer angemeldet waren. Die Polizei hatte als Begründung der Verbote erklärt, frühere Kundgebungen hätten gezeigt, dass die Demonstranten bewusst die vorgeschriebenen Masken und Abstände ignorieren würden.

Auch der Sprecher des Verwaltungsgerichts sagte zum Tagesspiegel, Grund für die Bestätigung der Verbote seien die Gefahrenprognosen. Es stehe zu befürchten, dass die Mindestabstände erneut unterschritten werden. Der Gesundheitsschutz überwiege. 

"Mit der beabsichtigten Durchführung der Versammlungen gingen unmittelbare Gefahren für die Grundrechte Dritter auf Leben und körperliche Unversehrtheit einher", heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Zur Abwehr dieser Gefahr habe die Versammlungsbehörde ein Verbot aussprechen dürfen, welches – auch unter Berücksichtigung des hohen Gutes der Versammlungsfreiheit – verhältnismäßig sei.

Auch Demo palästinensischer Gruppen verboten

Verboten hatte die Polizei außerdem eine erneute Demonstration palästinensischer Gruppen gegen die Politik Israels am Samstag in Berlin-Kreuzberg. Auch dabei hieß es zur Begründung, bei ähnlichen Demonstrationen hätten viele Teilnehmer die Infektionsschutz-Regeln nicht beachtet. Die Demonstration war mit dem Titel „Nahostkonflikt“ und 2000 Teilnehmern angemeldet worden.

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Ebenfalls am Samstag sind zwei weitere Demonstrationen zum Konflikt zwischen Israel und Palästinenser-Organisationen geplant: ein Autokorso am Nachmittag, der die Berichterstattung deutscher Medien kritisiert und einige Medienstandort abfährt. Sowie eine Kundgebung auf dem Alexanderplatz am Abend.

Staatsrechtler: Kontrolle bei Corona-Demos "typischerweise nicht gegeben"

Der Staatsrechtler Christian Pestalozza von der Freien Universität (FU) Berlin sagte, das Demonstrationsverbot sei zwar „ein scharfes Schwert“. In diesem Fall sei die Begründung aber eindeutig nachvollziehbar. „Wer die Pandemieauflagen nicht einhält, gefährdet die körperliche Unversehrtheit und vielleicht sogar das Leben anderer Demonstrationsteilnehmer oder Umstehender“, sagte er der „Berliner Morgenpost“.

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Man sei hier im Bereich der Grundrechte, wobei das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gegenüber dem auf Leben und körperliche Unversehrtheit sekundär sei. „Es wäre anders, wenn es einzelne Teilnehmer gäbe, die sich nicht an Auflagen halten“, sagte Pestalozza weiter. Dies könne man etwa mit zusätzlichen Ordnern unter Kontrolle halten. „Bei diesen Demonstrationen ist diese Kontrolle aber typischerweise nicht gegeben.“

Polizei vor Großeinsatz: Zahlreiche Demonstrationen zu Pfingsten

Ungeachtet der Gerichtsentscheidung plant die Polizei einen Großeinsatz mit rund 3000 Polizisten am Wochenende. Unterstützung kommt aus zahlreichen anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Man müsse sich auch darauf einstellen, dass sich Demonstranten nicht an Verbote halten würden, hieß es. Die Polizei behalte die Situation im Auge und beobachte, wie im Internet mobilisiert werde und ob die Leute trotz der Verbote anreisen würden.

Eine erste Demonstration der Kritiker der Corona-Gesetze sollte in Form mehrerer Autokorsos schon an diesem Freitagabend in Charlottenburg starten.

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Am Sonntag ist zudem eine große Demonstration „Gegen Mietenwahnsinn - jetzt erst recht“ mit 10.000 Teilnehmern geplant. Die Strecke führt vom Potsdamer Platz zum Nollendorfplatz.

Am Montag ist eine Fahrrad-Demonstration gegen den Weiterbau der Autobahn A100 angekündigt. Tausende Radfahrer wollen mit einer großen Rundfahrt "A100 stoppen - Lebenswertes Berlin für alle" gegen den Weiterbau des Milliardenprojektes protestieren, und zwar auch auf einem Abschnitt der A100. Autofahrer müssen dann einen Umweg fahren. Der Radkorso beginnt am Bundesverkehrsministerium in der Invalidenstraße und führt über den Tempelhofer Damm zur A100 und dann nach Neukölln. (Tsp, dpa)

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