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Das Auktionshaus Historia brachte 800 Einzelposten zur Versteigerung.

© Sven Darmer

Nachlass von Pierre Brice: Raritäten aus dem Winnetou-Archiv in Berlin versteigert

Kostüme, Briefe und ein Goldener Bambi: Fans von Pierre Brice ersteigern Fundstücke aus dem Nachlass des Schauspielers.

Das Original-Stirnband von Winnetou aus den Filmen, von den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg und anderswo, das wäre schon toll. Ist aber nicht der eigentliche Grund, warum Claudia Haddad extra aus Leverkusen angereist ist. Die Bäckereiverkäuferin und langjährige Pierre-Brice-Verehrerin (seit der 5. Klasse) achtet darauf, dass die Auktion aus dem Nachlass von Brice in seinem Sinne verläuft, dass die Kostümteile, Briefe, Fotos und Parfumflakons an richtige Fans gehen, die sie in Ehren halten. Bislang – es läuft noch die erste Stunde – ist Claudia Haddad zufrieden.

Rund 800 Memorabilien des erfolgreichsten Film-Indianers der deutschen Geschichte kamen am Samstag unter den Hammer, vom Hermès-Bademantel über eine Olympia-Reiseschreibmaschine bis zum Original-Gold-Bambi, den die Leser der Zeitschrift „Freundin“ 1966 dem Schauspieler verliehen. Brices Filmpartner Lex Barker, mit dem er auch befreundet war, erhielt damals einen silbernen Bambi. Den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele gewann Brice nie, dafür gleich ein Dutzend Mal den Goldenen Otto der Zeitschrift „Bravo“.

Bücher zu den Dreharbeiten bei Winnetoufilmen erschienen posthum.

© Sven Darmer

Pierre Brice, 2015 im Alter von 86 Jahren gestorben, habe noch zu seinen Lebzeiten angeregt, seine Archivalien zu versteigern, schreibt seine Witwe Hella Brice im Vorwort der Auktion. Über anderthalb Jahre habe sie zusammen mit dem Auktionator Michael Lehrberger Fundstücke gesichtet und geordnet, erzählt Thomas Claaßen, der früher das Büro von Brice leitete. Vieles lagerte zuletzt in den alten Pferdeställen seines Landsitzes nordöstlich von Paris. Brice sei kein Messie gewesen, habe aber alles aufgehoben, was ihm in seinem Leben mal etwas bedeutet hatte.

Darunter ein etwas vergilbtes Schwarz-Weiß-Foto, das ihn 1951 mit seiner „ersten Freundin Carmen“ zeigt, behauptet zumindest der Auktionator. Zusammen mit einem „traurigen Liebesbrief“ von Carmen und einem Küsschen-Telegramm aus Toulon geht die Fotografie für 60 Euro an eine Frau, die still in der dritten Reihe sitzt.

1966 wurde Pierre Brice von einer Leserjury ein Bambi verliehen.

© Gregor Fischer/dpa

1951 tobte der Indochinakrieg, für den sich Pierre mit 19 Jahren freiwillig gemeldet hatte. Sein Marineausweis wird versteigert, zusammen mit Fotos der Kameraden, für 260 Euro. Später zieht Pierre noch in den Algerienkrieg. Ganz so friedliebend wie sein Alter Ego Winnetou war der junge Brice also nicht. In anderen Positionen der Auktion wird deutlich, wie der Schauspieler sich auch als Drehbuchautor versucht, Liedtexte schreibt oder sogar das Designen von Möbeln ausprobiert. Die Rechnung für die ausgewählten Stoffe und die Aufmaße für sein Designersofa hat er aufgehoben. Das alles geht für 70 Euro an einen Herrn mit langen grauen Haaren. Pierre Brice bleibt auch posthum erschwinglich.

Ein Sportwagen, den Brice in Jugoslawien "schrottete"

Selbst ein Konvolut von Werkstattrechnungen und Versicherungspolicen diverser Autos wechselt den Besitzer, darunter Papiere zum Sportwagen Facel-Vega, „während der Dreharbeiten zu einem der Winnetoufilme geschrottet. Vom Häuptling der Apachen persönlich“. Angeblich hatte sich Brice ein Rennen mit Lex Barker geliefert.

Deutlich begehrter sind Stücke aus seinem Kleiderschrank. Ein Trenchcoat erreicht 450 Euro, ein rot-schwarzer Wollmantel aus dem Film „Winnetous Rückkehr“ wird auf 800 Euro hochgehandelt. Die berühmten Fransenkostüme aus den früheren Filmen sind diesmal nicht dabei. Auktionator Lehrberger würzt seine Anpreisungen gerne mit kleinen Anekdoten. Eine Reiterweste aus Leder, die Pierre privat nutzte, „hat Hella mal zu heiß gewaschen“ und anschließend selber genutzt.

Um sie ein wenig aufzupeppen, bekommt der Käufer eine Original-Messerscheide dazu, „mit Gebrauchsspuren der Auftritte in Bad Segeberg und Elspe (Nordrhein-Westfalen), ohne Messer.“ Und die Schneiderbüste, über der die Weste hängt, „aus Hellas Besitz“. Alles zusammen: 180 Euro.

Das erste Autogramm: 1976 in Elspe

Eine zweite Reiterweste, ebenfalls von Hella geschrumpft, hätte Claudia aus Leverkusen gerne gehabt, aber bei 190 Euro steigt sie aus. Macht nichts, die „wichtigsten Erinnerungen trage ich ja in meinem Herzen“. Das erste Autogramm hinter der Bühne in Elspe 1976, und dann immer wieder persönliche Treffen an Drehorten.

Pierre sei sehr nahbar gewesen für seine Fans, mit den Jahren habe sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt. An den Vitrinen und Kleiderschränken mit seinen Sachen vorbeizugehen, falle ihr sehr schwer. „Ich rieche und fühle ihn, als ob er da wäre.“ Niemals werde sie Pierre Brice vergessen.

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