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Berlin: Rathaus Charlottenburg: West-City wird fahnenflüchtig

Erstmals seit Mitte der 90er Jahre soll zum Christopher Street Day (CSD) am 23. Juni keine Regenbogenflagge am Rathaus Charlottenburg flattern, obwohl die Demonstration der Schwulen und Lesben am Kurfürstendamm startet.

Erstmals seit Mitte der 90er Jahre soll zum Christopher Street Day (CSD) am 23. Juni keine Regenbogenflagge am Rathaus Charlottenburg flattern, obwohl die Demonstration der Schwulen und Lesben am Kurfürstendamm startet. Auch am Rathaus Wilmersdorf wird die Fahne nicht gehisst. Denn in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf ließ die CDU am Donnerstagabend einen Beflaggungsantrag von Grünen und SPD scheitern.

Die Veranstalter der Kundgebung reagierten gestern verständnislos. "Das zeigt einmal mehr, dass die CDU nicht in der Thematik drinsteckt", sagte Michael Schmidt vom Berliner CSD-Verein. Anscheinend werde die Schwulenbewegung "nicht als integraler Bestandteil der Gesellschaft, sondern nur als geduldeter Faktor" gesehen.

In Tempelhof-Schöneberg hatte die dortige CDU-Fraktion zuvor die Beflaggung des Rathauses Schöneberg akzeptiert - zugleich allerdings eine Fahne am Tempelhofer Rathaus abgelehnt, weil es dort keine Masten für "nicht hoheitliche Zwecke" gebe. Auf Berlins Beflaggungsverordnung verwies vor wenigen Tagen auch die Charlottenburg-Wilmersdorfer CDU-Fraktionschefin Marion Halten-Bartels (wir berichteten). In der BVV argumentierte die Fraktion nun aber anders: Der junge Verordnete Richard Lehmann-Brauns hielt Solidaritätsbekundungen für überflüssig, weil Homosexualität "seit Jahrhunderten" in weiten Teilen der Gesellschaft akzeptiert sei, was er begrüße.

Erstaunt über diese Einschätzung zeigten sich der FDP-Verordnete Jürgen Dittberner und andere Redner, die an die Verfolgung während der Nazizeit erinnerten. SPD-Jugendstadtrat Reinhard Naumann fügte hinzu, es gebe weiterhin viele soziale Probleme, was sich an einer hohen Selbstmordrate unter jungen Homosexuellen zeige. Grünen-Fraktionschef Thomas Birk forderte die Beflaggung auch, weil die diesjährige Demonstration unter dem Motto "Berlin stellt sich que(e)r gegen rechte Gewalt!" steht.

Lieselotte Schmitt von der CDU zeigte offen, dass ihr die Lebensweise von Lesben und Schwulen missfällt: Deren Symbole hätten an Rathäusern nichts zu suchen - "erst recht nicht jetzt" nach der Bezirksfusion, "wo die CDU da zuhaus ist". Zur Ablehnung trugen auch zwei fraktionslose CDU-Abtrünnige und Jürgen Dittberner von der FDP bei. Dieser begründete sein Nein ausgerechnet mit seiner Liberalität. Er halte nämlich wenig von Fahnen. "Von mir aus bräuchte man überhaupt nicht zu flaggen, an keinem Tag."

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