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Berlin: Rattle raumfüllend

Ein Konzertfilm zeigt die Philharmoniker in 3-D und begleitet sie auf einer Reise nach Singapur

3-D-Kino – das bedeutet neben der ungewohnten Seherfahrung und einer wenig kleidsamen Plastikbrille auf der Nase meist jede Menge Action-Szenen, schnelle Schnitte und rasante Kamerafahrten. Der Film „Berliner Philharmoniker in Singapur – A Musical Journey in 3D“, der am gestrigen Dienstag im Sony Center Premiere feierte und am 20. Oktober in die Kinos kommt, ist da etwas anders. Zur Premiere des Konzertfilms waren unter anderem der Chefdirigent der Philharmoniker Sir Simon Rattle und der Intendant Martin Hoffmann gekommen. Auch der Produzent des Films, Bernd Hellthaler, sein Kameramann und Koregisseur Tomas Erhart sowie weitere Orchestermitglieder ließen sich diese besondere Aufführung nicht entgehen.

Der 56-jährige Rattle, der das Orchester seit 2002 leitet, sagte vor der Premiere über den Film: „Er schenkt uns eine neue Art des Musikhörens.“ Die 105 Minuten lange Produktion besteht aus zwei Teilen. Der erste ist ein Konzertmitschnitt von Gustav Mahlers erster Sinfonie, mit zwölf Kameras aufgenommen in den Esplanade Theatres on the Bay in Singapur. Die 3-D-Technik macht möglich, dass sich der Zuschauer – ohne große Kameraschwenks und Schnitte – mitten im Orchester befindet. So kann er das gleichzeitige Miteinander und Zusammenspiel der einzelnen Instrumente und Musiker stärker erleben. Er sieht zum Beispiel, wie sich der Flötist auf seinen nächsten Einsatz vorbereitet, während der Trompeter gerade den Dämpfer wechselt. Oder wie sich Dirigent Rattle, der sich auch in der dritten Dimension durch eine ausdrucksvolle Mimik auszeichnet, zu den ersten Geigen neigt, während er gleichzeitig den Celli das Einsatzzeichen gibt.

Der zweite Teil des Films ist eine Montage von Sergej Rachmaninows „Sinfonischen Tänzen“ mit atmosphärischen, assoziativen Momentaufnahmen aus der multiethnischen Metropole Singapur. Sie zeigen vor dem Hintergrund des quirligen Chinatown, neben farbenprächtigen buddhistischen und hinduistischen Tempeln und viel moderner Architektur, auch die Menschen, die in diesem Schmelztiegel der Kulturen leben. „Ich kann mit viel weniger Bildern und viel weniger Schnitten als sonst viel mehr zeigen und erzählen“, sagt Regisseur Michael Beyer über seine erste Arbeitserfahrung in 3-D. Beyer arbeitet bevorzugt an der Schnittstelle von Musik und Film, er führte Regie bei der Live-Übertragung der Bayreuther Festspiele und hat auch ein Konzert des Pianisten Lang Lang aus Peking übertragen. Beyers Film mit den Philharmonikern ist allerdings nicht der erste Versuch, 3-D auch für anspruchsvollen Kinogenuss zu nutzen. So hat Wim Wenders für den Tanzfilm „Pina“ 2011 den Deutschen Filmpreis und den Deutschen Dokumentarfilmpreis gewonnen. Eva Kalwa

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