zum Hauptinhalt

Berlin: Recht und Gesetz: Vor 50 Jahren im Keller

Einen ehrwürdigen Eindruck vermittelte die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht unbedingt, als sie am 1. März 1951 in Berlin ihren Dienst aufnahm: Die Richter arbeiteten in Diensträumen, die der Schwamm befallen hatte, die öffentlichen Sitzungen wurden in fensterlosen Kellerräumen abgehalten.

Einen ehrwürdigen Eindruck vermittelte die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht unbedingt, als sie am 1. März 1951 in Berlin ihren Dienst aufnahm: Die Richter arbeiteten in Diensträumen, die der Schwamm befallen hatte, die öffentlichen Sitzungen wurden in fensterlosen Kellerräumen abgehalten. Begonnen hatte man 1951 mit acht Kammern.

An seinem morgigen 50. Jubiläumstag gilt das Verwaltungsgericht als das größte Deutschlands: Es hat inzwischen 37 Kammern und 115 Richterstellen. Es war das wechselhafte politische Schicksal Berlins, das die Arbeit der Richter - erst an der Hardenbergstraße, dann in der Kirchstraße - geprägt hat: Der Zusammenbruch am Ende des Zweiten Weltkriegs, die Teilung der Stadt, die Wiedervereinigung, der Hauptstadtumzug ...

Boulevard Berlin: Was die Stadt bewegt...

In der ersten Zeit standen Urteile beispielsweise aus dem Flüchtlings- und Vertriebenrecht, dem Preisrecht und Sozialhilferecht im Vordergrund. Als 1978 die Zahl der Asylbewerber in Deutschland erheblich zunahm, brachte dies auch mehr Arbeit für die Richter. Bis 1989 war das Verwaltungsgericht auf 23 Kammern und 75 Stellen aufgestockt worden.

Die Entscheidungen der Verwaltungsjuristen wirkten sich aber auch unmittelbar auf das Berliner Stadtbild aus. Beispielsweise, als der Senat im Spandauer Forst 50 000 Bäume fällen wollte, um ein Großkraftwerk zu bauen. Das Gericht aber meinte, durch Berlins Insellage seien die Menschen mehr auf Erholungsgebiete im Stadtgebiet angewiesen. Die Fällungen treffe daher den einzelnen Bürger West-Berlins in seinen rechtlich geschützten Interessen. Das Kraftwerk Reuter-West wurde dann an der Ruhlebener Wiese errichtet.

Mit dem Tag der Vereinigung wurden alle in Ost-Berlin tätigen Richter suspendiert: Es stand ihnen allerdings frei, sich "bei persönlicher und fachlicher Qualifikation" als Richter auf Probe neu zu bewerben. Nur ein einziger ehemaliger DDR-Richter interessierte sich für die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es gelang ihm aber nicht, in dem für ihn fremden Rechtsgebiet dauerhaft Fuß zu fassen.

Derweil mussten sich die Kollegen mit der Treuhand, der Währungsumstellung und den Stasi-Unterlagen beschäftigen. Neue Klientel brachte schließlich der Hauptstadtumzug mit sich, denn bei Klagen im öffentlichen Recht richtet sich die Zuständigkeit des Gerichts nach dem Sitz der Bundesbehörde. Die Zahl der Verfahren stieg noch einmal an, unter anderem im Parteienrecht, Ausländerrecht, Beamtenrecht, Versammlungsrecht.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Statistik wider: Während das Gericht in den ersten 25 Jahren seines Bestehens 117 000 Streitigkeiten erledigt hatte, waren es in den vergangenen 25 Jahren rund 440 000 Verfahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false