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Regierungsviertel: Occupy-Camp wird vorerst nicht geräumt

Bis 12 Uhr hatten die Occupy-Aktivisten Zeit, ihr Zeltdorf zu verlassen. Sie ließen die Frist tatenlos verstreichen. Vorerst bleibt es ruhig - doch die polizeiliche Räumung droht.

High noon ist ausgeblieben. Bis 12 Uhr am Freitag sollten die Occupy-Aktivisten ihr Zeltdorf am Bundespressestrand im Regierungsviertel freiwillig räumen. Doch das Ultimatum verstrich, ohne dass die Gegner zum Duell Aufstellung nahmen. Weder Polizei noch Vertreter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die das Grundstück für den Bund verwaltet, erschienen zu einer anberaumten Pressekonferenz. Die Bima hat stattdessen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt und die Räumung des Geländes durch die Polizei beantragt. Bis Montag müsse das geschehen sein, erklärte eine Bima-Sprecherin. Dann sei die Bima ihrerseits verpflichtet, das Grundstück, auf dem ein Neubau für das Bundesbildungsministerium entstehen soll, der Baufirma zu übergeben. Sollte das Camp am Montag noch genauso friedlich weiterexistieren, könnte die Baufirma Schadensersatzansprüche stellen. „Das zahlt dann letztlich der Steuerzahler“, sagte die Sprecherin. Die Polizei wollte sich zu einem möglichen Räumungstermin nicht äußern. Die Besetzer rechnen nicht mit einer kurzfristigen Räumung. Bisher habe man mit der Polizei gut zusammengearbeitet, sagte Occupy-Sprecher Johannes Ponader. Anders als Aktivisten aus der Berliner linken Szene verzichten die Occupy-Leute auf Provokationen gegen das Gewaltmonopol des Staates. Wenn es zu einer Räumung kommt, wolle man nicht aktiv Widerstand leisten. „Wir sind gewaltfrei“, sagte Ponader.

Die Bima hatte schon mehrere Ultimaten gestellt, aber ohne Konsequenzen verstreichen lassen. Darauf hofften die Besetzer diesmal vergeblich. Mehrere Angebote für einen Ersatzstandort schlugen die Occupy-Leute aus. Der ehemalige Bundespressestrand in Sichtweite von Reichstag und Kanzleramt sei als symbolischer Protestort ideal und deshalb praktisch unersetzbar, erklärten die Aktivisten. Weil es kälter geworden ist, übernachtet nur noch rund ein Dutzend Besetzer in den Zelten. Wer keine feste Bleibe in Berlin hat, kann bei Sympathisanten der Bewegung unterschlüpfen. Es gibt keine festen Organisationsstrukturen, aber ein großes Netzwerk von Unterstützern. Das Camp hat keinen Wasser- und Stromanschluss. Die Bewohner sind auf Sach- und Essensspenden angewiesen. Brennmaterial für diverse Öfen wird gebraucht, außerdem Super-bleifrei für einen kleinen Stromgenerator. Für den 15. Januar ist die nächste größere Demonstration gegen das Finanzsystem angekündigt. Sie soll auf dem Alexanderplatz starten und mit einer Abschlusskundgebung im Camp enden. Eine kleinere Protestaktion ist bereits für Samstag geplant. Um 14 Uhr wollen sich Occupy-Aktivisten vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten, Schloss Bellevue, treffen. Der Titel der Aktion: „Wulff den Schuh zeigen“. Damit wird auf eine arabische Tradition Bezug genommen. Den Schuh zu zeigen, ist dort eine Geste der Verachtung.

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