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Reichstag: Greenpeace hatte offenbar Helfer mit Hausausweis

Nach der Anti-Atom-Plakataktion von Greenpeace am Reichstagsgebäude wächst in der Bundestagsverwaltung der Verdacht, dass die rund 15 Aktivisten der Umweltorganisation Helfer im Haus hatten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruchs.

Nach der Anti-Atom-Aktion von Greenpeace am Reichstag wächst in der Bundestagsverwaltung der Verdacht, dass die rund 15 Aktivisten der Umweltorganisation Helfer im Haus hatten. Kletterer mit Bergsteigerausrüstung hatten sich am Dienstag vom Dach abgeseilt und unter der Inschrift „Dem Deutschen Volke“ ein drei Meter hohes und 15 Meter breites Transparent („Eine Zukunft ohne Atomkraft“) entrollt. Noch ist unklar, wie die Gruppe ins Gebäude gelangt war. „Eine Sicherheitspanne bei der Besucherkontrolle können wir ausschließen“, sagte Bundestagssprecherin Eva Haacke.

Bei den „flughafenähnlichen“ Kontrollen mit Durchleuchtungsgeräten wäre Bergsteigerzubehör wie Seile und Haken entdeckt worden, betonte die Sprecherin. Theoretisch könnte ein unbekannter Unterstützer aber auch über einen Hausausweis verfügen und so das Material ins Gebäude gebracht haben, während die Mitstreiter eine der Besucherschleusen passierten. Anzunehmen sei, dass die Aktivisten mit ihrem Zubehör „nicht in der Besucherschlange standen“.

Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital bewertete die Aktion als Erfolg und sprach von „sehr großem Zuspruch“ aus der Bevölkerung. Zum Hergang sagte er nur, seine Organisation setze „nicht auf Hilfe von Parteien und anderer Dritter“. Die Auskünfte sind also widersprüchlich. Berlins Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Hausfriedensbruch. Teilnehmer der Aktion waren von der Berliner Polizei vorübergehend festgenommen worden, um die Personalien aufzunehmen. Dabei handelte sich um zwei Kletterer, die von der Feuerwehr per Drehleiter geborgen worden waren, und mehrere Sympathisanten, die dem Feuerwehrfahrzeug den Fahrtweg versperrt hatten. Zehn weitere Personen nahm die Bundestagspolizei im Reichstag vorübergehend in Gewahrsam.

Die Gruppe war vormittags zunächst auf die Besucherterrasse gelangt. Dann überstiegen die Teilnehmer Absperrungen, liefen über eine Dachfläche mit Solarmodulen und erreichten so das Westportal. Wachleute wurden mit einer Menschenkette von den zwei Kletterern ferngehalten. Auf den Parlamentsfluren war die Aktion am Mittwoch „kein großes Thema“ mehr, wie ein Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagte. Der Atomexperte der Grünen-Fraktion, Hans-Josef Fell, distanzierte sich trotz politischer Übereinstimmungen mit Greenpeace von der „rechtswidrigen Aktion“. Er glaube auch nicht, dass ein Parlamentsmitglied dabei geholfen habe.

Ohne Kontrolle käme man nur mit Hausausweis ins Innere. Passierscheine für den Bundestag besitzen neben den Abgeordneten auch 2600 Mitarbeiter der Verwaltung sowie rund 2000 Mitarbeiter von Abgeordnetenbüros. Außerdem sind rund 2200 Lobbyistenverbände beim Bundestag registriert. Deren Vertreter wirken nicht nur an Gesetzgebungsverfahren mit, sondern bekommen im Einzelfall auch Hausausweise – allerdings nur, wenn Abgeordnete für sie bürgen. Den Besitzern stehen Eingänge ohne „Besucherschleuse“ zur Verfügung. Gäste dagegen werden immer kontrolliert – auch im Gefolge von Abgeordneten. Außerdem überprüft die Bundestagspolizei die Personalien, weshalb Politiker ihre Besucher ein paar Stunden vorher anmelden müssen.

Nach Tagesspiegel-Informationen verfügt auch ein Greenpeace-Vertreter über einen Hausausweis. Wie viele Bundestagsausweise auf Vertreter von Lobbyistenverbänden ausgestellt sind, konnte die Verwaltung gestern nicht ermitteln.

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