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Auf die schnelle Tour. So kraulen Profis und machen ordentlich Tempo. Die richtige Technik lernen Laien im Kursus.

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Reine Formsache Folge 4: Tempo machen mit Flossen

Kraulen ist schnell, Kraulen bringt Spaß. Man kann es lernen – im Kursus. Ein Besuch beim Flossenschwimmen in der Sport- und Lehrschwimmhalle Schöneberg.

Es ist Donnerstagmorgen 8.50 Uhr. Seit sieben Uhr morgens herrscht in der Sport- und Lehrschwimmhalle in Schöneberg reger Betrieb. Auf der einen Hälfte des 50 Meter langen Beckens trainieren Wasserballer, auf der anderen Seite findet ein Kraulschwimmkurs statt. Der Trainer ist Gerd Schmidl, Jahrgang 1941 und früher Wettkampfschwimmer. Es ist sein dritter Kraulkurs an diesem Morgen. Viel erklären muss er den Teilnehmern nicht. Die Frauen und Männer, alle so um die 30 und 40, beherrschen die Technik einigermaßen. „Die sind hier, weil sie schneller schwimmen wollen – und gern Flossen benutzen“, weiß Gerd Schmidl.

Nun sind Schwimmflossen im normalen Badebetrieb verboten – wegen der Verletzungsgefahr. Aber im Urlaub und im See eben nicht. Flossenschwimmen bringt „viel mehr Spaß“, sagt der Trainer. Des Tempos wegen. Was verkümmerte Fußmuskeln nicht mehr leisten können, machen die Flossen wett. „Wer nicht schon in jungen Jahren mit dem Kraulschwimmen angefangen hat, kann seine Füße kaum noch nach vorne durchdrücken“, sagt Schmidl. Das wäre vermutlich anders, wenn in Deutschland – wie in den USA oder Australien – Kraulen statt Brustschwimmen als erste Schwimmart gelehrt würde. „Einschwimmen!“, ruft er seinen Kursteilnehmern zu.

"Kraulen ist der einfachste, schnellste und ökonomischste Schwimmstil"

Dennoch: Fürs Wohlbefinden ist jeder Schwimmstil gleich gut, ob Kraul-, Rücken- oder Brustschwimmen. Bei allen Grundstilen wird die gesamte Körpermuskulatur beansprucht. Das Kraulen aber ist die einfachste, schnellste und ökonomischste Technik. „Niemand würde den Ärmelkanal mit Rückenschwimmen durchqueren“, sagt der Trainer. Eben stoppt er die Zeiten der ambitioniertesten Kursteilnehmer.

Sportwissenschaftlerin und Aquafitnessexpertin Brita Karnahl sieht mehr den gesundheitlichen Aspekt beim Schwimmen. „Es ist ein Ganzkörpersport, der Arme, Beine und Rumpf trainiert und den Stütz- und Bewegungsapparat entlastet“, erklärt sie. Ab einem gewissen Tempo sei Schwimmen für die Ausdauer so effizient wie das Joggen. Mit zwei entscheidenden Vorteilen: Es ist gelenkschonend, weil das Wasser das Gewicht trägt. Gleichzeitig ist es ein Krafttraining, weil der Körper sich gegen den Wasserwiderstand bewegt. Dabei werden ordentlich Kalorien verbrannt. „Die höhere Sauerstoffversorgung fördert außerdem die Durchblutung, das Lymphsystem wird angeregt und die Lungenfunktion verbessert“, ergänzt Brita Karnahl. Aber richtig beherrschen sollte man die einzelnen Stile. „Sonst können Gelenke und Muskeln überlastet werden.“ Rücken- oder Nackenschmerzen und Verspannungen sind die Folge. Der Freizeitschwimmer neigt übrigens dazu, den Kopf zu weit aus dem Wasser zu heben und überanstrengt so seine Halsmuskulatur. Besser ist es, den Körper möglichst waagerecht im Wasser zu halten und den Kopf zum Atmen nur leicht zu heben.

Der Körper sollte flach im Wasser liegen, der Po darf nicht nach unten sacken

Am wenigsten belastend ist das Rückenschwimmen. „Es entlastet Bandscheiben und Wirbelsäule“, sagt Karnahl. Der Körper sollte möglichst flach im Wasser liegen, der Po darf nicht nach unten sacken. Rückenschwimmer haben im Pool meist ein Problem: Sie kollidieren ständig mit anderen Badegästen. Kraulen ist also eine gute Alternative. Es ist außerdem das beste Armtraining, lockert die Schultermuskeln und beugt Verspannungen vor.

Gerd Schmidls Kraulschüler sind jetzt schon ganz gut dabei, gleiten elegant und schnell, mit langen Armzügen durchs Wasser, die Beine schlagen in kurzen Bewegungen. Die Atmung ist nicht ganz einfach, gibt Schmidl zu. Erste Regel: Stark genug ins Wasser ausatmen, um dann auch wieder genug Luft einatmen zu können. Wer das hinbekommt, sollte am besten nach jedem dritten Zug seitlich einatmen. Wer diese Technik solo im Schwimmbad nicht gleich beherrscht, muss nicht verzweifeln. „Ich habe noch nie jemanden getroffen, der die Kraultechnik ohne Unterricht korrekt gelernt hat“, sagt Schmidl. Deshalb gibt es für Erwachsene Anfänger-Kraulkurse, etwa bei den Berliner Bäderbetrieben, und bei Bedarf Einzelunterricht.

„Ausschwimmen!“ Die Kursteilnehmer steigen aus dem Wasser. Feierabend? Nein, für die meisten beginnt jetzt der Arbeitstag. Kraulen macht frisch.

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