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Renate Künasts Vision für Berlin 2030: „Gut, dass in 2025 die Sparpläne des Senats verhindert wurden“
Drohnen statt Böller an Silvester, Pläne für eine Schwammstadt, 99-prozentige Pünktlichkeit der Deutschen Bahn – Ex-Bundesministerin Künast hat einen Traum für jeden Monat des Jahres 2030.

Stand:
Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird. Aber man kann träumen – und so könnte jeder Monat des Jahres 2030 aussehen.
Januar
Der erste Januar. Morgens 3 Uhr am Hauptbahnhof. Alles dicht gedrängt, man macht sich im RE auf nach Hause, sucht den Zug nach Falkensee, Feldberg, Cottbus... Müde Augen, aber alle Herzen sprudeln noch über vor Begeisterung. Familien fahren mit ihren Teenagern wieder nach Hause. Den Ausflug fanden alle wunderbar. Ganz Berlin und viel Brandenburg sowie internationale Gäste, allen war kalt, aber sie waren Zeugen einer beeindruckenden Silvesternacht am Brandenburger Tor. Statt Feuerwerk etwas viel Genialeres. Zehntausende Drohnen haben leuchtende Zauberfiguren, Elfen und Tiere in den Himmel gemalt. Und zu „Freude schöner Götterfunken“ zum krönenden Abschluss führten sie das schönste Drohnenfeuerwerk am Himmel überm Tor auf. Natürlich bilden den Abschluss die 12 Sterne der EU Flagge.
Das Deutschlandticket Familiy plus hat sich schon am ersten Tag gelohnt.
Februar
In den Messehallen beginnt erstmalig der schon bei den Wahlen 2026 versprochene jährliche Kongress zur Zukunft Berlins. Es beginnt mit einem Vortrag der französischen Präsidentin und früheren Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo. Sie hat sich Zeit genommen, um hier vom Vorbild Paris zu berichten. Ein inspirierender Vortrag. Sie erzählt auch über ihre Fehler, zum Beispiel sich zu sehr und zu lange nur auf das Zentrum konzentriert zu haben. Das solle Berlin vermeiden. Inzwischen hat Paris in Frankreich auch viele nachahmende Städte gefunden. Alle wollen eine anwohnerfreundliche Stadt unter den Bedingungen des Klimawandels werden.
Viel Aufmerksamkeit erfährt ein Vortrag über den beschwerlichen Weg zu Groß-Berlin im Jahr 1920. Beeindruckend, wie schon damals über Mobilität und Verkehr in der Metropolregion ein großes Schienennetz der U- und S-Bahn gedacht und realisiert wurde. Jetzt geht es um die Frage ähnlich radikal und ehrgeizig das ganze Berlin weiter zu bauen. Von Klimaanpassung über Gesundheit, Sicherheit bis Schule, Universität … natürlich auch den Verkehr auf den aktuellen Stand bringen, also mehr Sicherheit fürs Radfahren und den Fußgängerverkehr.
Auf den Fluren die Debatte über eine andere Beschreibung als das trennende „im Innenstadtring“ und „Außenbezirke“. Angeregt durch den Titel des Kongresses: „Überall ist Berlin“. Das wurde auch Zeit.
Der Kongress löst so viel öffentliche Aufmerksamkeit aus, dass zwischen Senat und Bezirken endlich eine andere Zusammenarbeit vereinbart wurde, die mit digitaler Unterstützung endlich effiziente Zusammenarbeit möglich macht. Bauplanung und -abnahme wird rasant schneller.
Fest geplant ist, im nächsten Jahr im ehemaligen Flughafengebäude in Tegel zu tagen. Technologie als Tool der „Stadt für Alle“ (manche munkeln, das sollte in Berlin besser erst mal funktionierende Stadt heißen). Aber es geht auch um die wirtschaftliche Nutzung der anfallenden (anonymen) Daten in der Stadt und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Das Humboldtforum stellt schon mal Räume für den Hackathon für 2031 in Aussicht. Da inzwischen aus 11 Zukunftsorten 14 wurden, Berlin ein AI-Talent-Ort ist, wird es einen Run bei den Anmeldungen geben. Nirgendwo wird wie in Berlin Wissenschaft und Business so intensiv verbunden. Berlin ist dafür eine Marke.
März
Eine Ehrenbürgerin der Stadt ist beeindruckt von der Berichterstattung über den Kongress, sie spendet für einen parallelen Kinderkongress im nächsten Jahr. Auch sie sollen die Stadt der Zukunft entwickeln (ohne hier zu viel zu verraten, daraus entwickelte sich ein schlagkräftiges Kinderparlament, an dem weder Abgeordnetenhaus noch das Rote Rathaus vorbeikamen).
Die Stadt ächzt unter der ersten Hitzewelle des Jahres.
Studierende der TU aus dem Fachbereich Physik haben offenbar die erst vor Kurzem fertig gestellten modernen Physikräume so erfolgreich genutzt, dass sie für ihre Entwicklungen Preise gewinnen. Gut, dass in 2025 die Sparpläne des Senats verhindert wurden.
April
Kurz vor Ostern schärfste anhaltende Regengüsse. Die Kanalisation ist komplett überfordert. Es dauert Tage, bis die gröbsten Schäden, der Schlamm beseitigt sind. Schadensersatz noch offen. Die Regierende Bürgermeisterin verspricht nun endlich das Konzept Schwammstadt umzusetzen. Eine Bürgerinitiative startet einen Volksentscheid dazu. Auftaktbilder werden bezeichnenderweise auf dem Tempelhofer Feld gemacht – da, wo ein früherer Senat erfolglos versuchte, doch noch zu bauen. Das löste den Zwang aus, all die bestehenden Projekte im Wohnungsbau endlich vorrangig umzusetzen und gemeinnützige sowie bezahlbare Wohnungen durch rechtssichere Verträge zu realisieren. Die vor drei Jahren endlich vom Bundestag verabschiedete wirksame Mietpreisbremse zeigt auch langsam ihre Wirkung.
Mai
Auf dem EUREF-Gelände präsentiert die Deutsche Bahn im Gasometer die Bilanz des ersten Jahres „99 Prozent Pünktlichkeit“ im Gasometer.
Ansonsten alle draußen und bester Laune. In allen Bezirken wurden an den langen Museumswochenenden Straßen gesperrt, um Spielstraßen draus zu machen, Nachbarschaftsinitiativen organisieren gemeinsames Essen, genannt „Tafeln!“. An einigen gibt es auch Tanzveranstaltungen.
Juni
Das Sommerfest des Gewerbegebietes Motzener Strasse fällt aus. Man ist vollauf damit beschäftigt, sich noch für den Kongress im Juli vorzubereiten.
Alle Videos aus der Serie „Berlin 2030“
Aber da ist ja noch die obligatorische Sternradfahrt und das Umweltfest. Von den meisten Bezirken werden regelmäßig Stadtteilradtouren organisiert, mit anschließendem Picknick. Gut fürs Kennenlernen und für die Integration. Die immer noch finanzierten Stadtteilmütter helfen mit, dass mehr Familien mit Migrationsgeschichte teilnehmen. Kennenlernen verhindert Fremdheit.
Juli
Die Senatsverwaltung für Umwelt und die Bundesumweltministerin haben lange dran gearbeitet. Nun findet der erste bundesweite Kongress der Gewerbegebiete statt, die „Zero Emission Park“ werden wollen. Ein Vertreter des Gewerbegebietes Motzener Strasse darf dessen langjährige Arbeit darstellen. Sie zeigen, dass Betriebskosten heruntergehen und Unternehmen sich ihrer Verantwortung bewusst sind.
August
Die Touristen meiden die Stadt in der Hitze. Nun haben die Berliner:innen mal die Stadt für sich. Touren mit den Elektroschiffen auf der Spree sind beliebt und auch Chillen am Wasser, in den vielen Draußen-Kneipen und auf den Dächern.
September
Tag der Offenen Tür im Berliner Abgeordnetenhaus. Wie kurz vor dem Abzug der Alliierten aus Berlin schon einmal unter der Präsidentin Hanna-Renate Laurien, spielen deren Militärkapellen draußen auf dem Platz. Da die Sowjetunion ja aus vielen heute souveränen Staaten bestand, spielt da diesmal das Orchester der ukrainischen Armee.
Oktober
Eröffnung des mehrtägigen Stadtentwicklungskongresses „Reclaim the Streets – reclaim the City“. Hotels total ausgebucht.
Auf Stadtteilfesten wird die Wein- und Apfelernte der Stadtparks verkostet, die Urban Gardening Projekte der Stadt zeigen, was sie können und dass sie zu einer modernen Stadt mit vielen Zentren dazu gehören. Zahlreiche Brandenburger Anbauer und Verarbeiter sind auch hier.
Viele internationale Gäste unterwegs, die insbesondere an der vernetzten Begrünung der Stadt, der Schwammstadt, als auch den Kiezentwicklungen interessiert sind. Langsam zeigt sich die Abkehr von einer Konzentration auf den Innenstadtring. Berlin ist sich wieder bewusst, dass es eine Stadt ist, die aus zahlreichen Städten und Dörfern entstand.
Der Tagesspiegel titelt am Wochenende: „Berlin hat sich neu erfunden.“
November
Das Kinderzirkusfestival wird eröffnet. All die Wegbereiter einer Kulturpolitik, die bei den Kindern anfängt, stehen auf der Bühne und berichten von harten Kämpfen um Finanzen. Am Ende aber gab es doch Senats- und Bundesgelder. Integration, gute – auch persönliche – Bildung von Kindern gibt es nicht zum Nulltarif.
Dezember
Alle sind froh über die Weihnachtsmärkte, Glitzer und Gemütlichkeit. Die Vergaberichtlinien privilegieren bei der Verteilung von Ständen Nachhaltigkeit, Bio und Regionalität. Die Besucher:innen freut es. Das Angebot ist interessanter geworden. Der Handel ist erfreut über ein gutes Geschäft. Die ersten Familien und Freunde verabreden sich für das Drohnenfeuerwerk zu Silvester am Brandenburger Tor. Dann strahlt Berlin.
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