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Berlin: Richstein soll’s richten

Mit der Ex-Ministerin zieht Potsdams CDU in den Kampf ums Oberbürgermeisteramt

Potsdam - Irgendwann geht sie doch noch ans Handy, hektisches Gewusel im Hintergrund, Lautsprecheransagen, Aachen Hauptbahnhof. „Wir versuchen uns gerade partisanenartig wieder nach Hause durchzuschlagen, in überfüllten Zügen“, erzählt Barbara Richstein fröhlich. Just, als die 44-jährige Brandenburger CDU-Abgeordnete mit dem von ihr geleiteten Europaausschuss Brüssel besuchte, als der Rückflug vulkanbedingt platzte, hatten sich in der Heimat die Ereignisse überschlagen: Die Ex-Justizministerin und Vize-Landeschefin wird, dies war vorzeitig publik geworden, bei der Oberbürgermeisterwahl am 19.September in der Landeshauptstadt Potsdam für die Union antreten. Sie sagt dazu nur: „Ich bin gefragt worden. Die Gremien werden sich damit nächste Woche befassen.“ Punkt.

Kein Wort mehr, weil dies als schlechter Stil wahrgenommen werden könnte: Sie weiß, dass die Potsdamer CDU ein besonders schwieriges Terrain ist. Hier tobt im Nachgang früherer Auseinandersetzungen der Landes-Union ein offener Machtkampf zwischen der Rathaus-Fraktion und dem Kreisverband, der von Katherina Reiche, der CDU-Bundestagsabgeordneten und parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, geführt wird. Richstein, die auf Rückhalt angewiesen ist, will nicht zwischen die Fronten geraten.

Eine Sorge, die unbegründet ist. Die Personalie sorgt vor der offiziellen Nominierung lagerübergreifend weitgehend für Zustimmung, ja für Erleichterung, nachdem vorher die monatelange Suche quälend verlief, nachdem CDU-Landeschefin Johanna Wanka, aber auch Reiche selbst abgewinkt hatten. Illusionen, einen prominenten Neu-Potsdamer wie Günther Jauch als Kandidaten des „bürgerlichen Lagers“ gewinnen zu können, hatten sich sowieso zerschlagen. Im CDU- Kreisverband, der im „roten“ Potsdam seit 1990 nie einen Blumentopf gewann, sehnt man sich selbst nach einem Achtungserfolg: Hier ging es, ob bei Kommunal- oder Oberbürgermeisterwahlen bisher meistens darum, ob die SPD oder die Linke vorn liegt. Nun soll, nun will Richstein diese Verhältnisse aufmischen, gegen SPD-Amtsinhaber Jann Jakobs und den Linke-Platzhirsch Hans Jürgen Scharfenberg, die beide nicht unbelastet in den Wahlkampf gehen: Scharfenberg ist wegen seiner Akte als IM der Staatssicherheit umstritten. Jakobs kreidet man Führungsdefizite an. In Potsdam ist Richstein zwar ein unbeschriebenes Blatt. Doch hat sie es geschafft, zweimal ihr Landtagsmandat im Havelland direkt zu gewinnen, 2009 gegen den heutigen Innenminister Rainer Speer (SPD). Und auch das Havelland ist durch viele Zuzügler geprägt – wie Potsdam. Richstein punktete vor allem mit persönlicher Präsenz, mit Nähe, mit Charme. „Ich habe versucht, auf die Leute zuzugehen.“ Auf ihren Plakaten zeigte sie nicht sich, sondern ihren Jack-Russell-Terrier. Der Slogan: „Felix hat den richtigen Riecher.“

In die Politik kam Richstein als Seiteneinsteigerin. Schönbohm hatte die damals 36-jährige Rechtsanwältin, die in ihrer Freizeit Marathon läuft, 2002 zur Justizministerin gemacht. Doch bei der Neuauflage der großen Koalition 2004 war sie dann – trotz gewonnenen Direktmandats – Verliererin im parteiinternen Postenschacher. Dass sie sich diszipliniert wieder einreihte, nicht frustriert zurückzog, rechnete man ihr in der Union hoch an. Es passt, dass sich Richstein in Potsdam in die Pflicht nehmen lässt: In der CDU wird sie bereits als mögliche Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2014 gehandelt. Thorsten Metzner

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