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Der Rummelsburger See ist nach Ansicht des Senats eine Altlasten-Deponie. Dennoch plant ein Architekt schwimmende Häuser.

© Kitty Kleist-Heinrich

Rummelsburger See in Lichtenberg: Streit um schwimmende Häuser kommt vor Gericht

Ein Architekt will an der Rummelsburger Bucht Wohnungen auf dem Wasser bauen, doch der Senat hält dagegen. Jetzt soll ein Richter den Streit schlichten.

Wenn der Platz auf dem Land knapp wird, ziehen die Menschen eben aufs Wasser. In Science-fiction-Filmen ist die Besiedelung der Seen und Meere längst vollzogen, im Berlin des 21. Jahrhunderts kommt solch ein Zukunftsprojekt erstmal vors Verwaltungsgericht. Am kommenden Donnerstag wird die Klage des Architekten Arthur Fischer gegen das Land Berlin verhandelt. Fischer möchte acht schwimmende Häuser auf den Rummelsburger See setzen. Dafür gründete er vor zehn Jahren eine Baugruppe und trieb das ambitionierte Projekt voran, vor fünf Jahren blieb die entscheidende Genehmigung aus, vor drei Jahren reichte Fischer Klage ein. Ein Wunder, dass das Projekt nicht längst untergegangen ist, zumal laut Fischer Kosten von fast 400 000 Euro aufgelaufen sind, nur für Planungen, Anwälte und Gutachten.

"Ekelauslösende Geruchsbelästigungen"

Und um einen Streit der Gutachter wird es wohl vor Gericht vor allem gehen. Die Senatsverwaltung für Umwelt hatte dem Projekt die „wasserrechtliche Genehmigung“ verweigert, weil der Boden des Rummelsburger Sees mit Schwermetallen wie Cadmium, Quecksilber und Blei belastet ist. Das Wohnen auf dem Gewässer wäre durch „ekelauslösende Geruchsbelästigungen“ im Sommer beeinträchtigt, argumentiert die Verwaltung nach Angaben des Gerichts. Die Sedimente seien so hoch mit giftigen Stoffen belastet, dass das Gewässer faktisch als Deponie bezeichnet werden müsse.

Warum auf dieser Deponie etliche Hausboote ankern dürfen, erschließt sich dabei nicht. Die Hausbootbewohner profitieren sogar von der amtlichen Verhinderung des Hausprojekts. Eigentlich hat Fischers Baugruppe die Wasserfläche an der Stralauer Halbinsel vom Bundeswasserstraßenamt gepachtet. Bekommt er sein Projekt doch noch genehmigt, müssten die Hausboote abziehen.

Merkwürdig erscheint auch die Tatsache, dass Fischer für seine „Floating Homes“ eine Baugenehmigung des Bezirks erhalten hatte und sich vertraglich verpflichten musste, einen Parkplatz und die Nutzungsrechte an einer Spundwand zu erwerben. Darüber gebe es einen Vertrag mit dem Land Berlin, sagt Fischer. Er habe die jeweils zuständigen Senatoren für Bauen und Umwelt, Michael Müller und Andreas Geisel, um eine erneute Bewertung seines Falls gebeten, aber nie eine Antwort erhalten. Jetzt hofft er auf die neue Umweltsenatorin Regine Günther von den Grünen.

Industrieabwässer in den See geleitet

Fischer würde sich gerne außergerichtlich einigen. Sollte das Verwaltungsgericht zugunsten des Senats entscheiden, werde es weitere Klagen wegen Schadensersatz geben. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung möchte wegen des laufenden Verfahrens zu dem Projekt derzeit nichts sagen.

An der Rummelsburger Bucht siedelten sich im 19. Jahrhundert Färbereien, Textil- und Chemiebetriebe an, auch auf der Stralauer Halbinsel entstanden Fabriken, die ihre Abwässer in den See leiteten. Trotz der hohen Belastung blieb eine gründliche Sanierung des Seegrunds bisher aus. Der Senat erklärte die alten Industrieflächen rund um den See Anfang der 1990er Jahre zum Entwicklungsgebiet für großflächigen Wohnungsbau. Wohnquartiere mit Wasserlage und den entsprechenden Kauf- und Mietpreisen sind seitdem entstanden.

Die Uferbereiche des Sees wurden um die Jahrtausendwende gereinigt und entschlammt, doch die Giftbelastung des Seegrundes hat sich nach einer aktuellen Studie der FU kaum verbessert. Eine großflächige Sanierung des Sees würde mindestens 250 Millionen Euro kosten, schätzen Experten.

Über die Jahre ist Fischers Baugruppe auf drei Personen zusammengeschrumpft. Doch das Projekt könnten sie weiterhin stemmen, Interessenten für das Wohnen auf dem Wasser würden sicher schnell gefunden. Viele würden sofort aufs Wasser ziehen, mit Booten oder Flößen, wenn der Senat das zuließe. Doch der zeigt sich – im Gegensatz zu Hamburg oder Amsterdam – daran kaum interessiert.

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