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Stephan von Dassel, Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte, auf dem Radweg auf der Karl-Marx-Allee.

© Maria Kotsev / Tagesspiegel

Nach Streit um Parkplätze in Berlin-Mitte: Sanierte Karl-Marx-Allee eröffnet mit neuem Radfahrstreifen

Die Verkehrssenatorin freut sich über die Grünflächen auf dem Mittelstreifen auf der Karl-Marx-Allee. Doch nicht alle teilen bei der Eröffnung ihre Freude.

Der grüne Belag der neuen Fahrradstreifen auf der Berliner Karl-Marx-Allee glänzt an diesem Montagmorgen vor Nässe. Radfahrer trauen sich bei dem Regenwetter nur vereinzelt auf die Straße. Zwischen Strausberger Platz und Otto-Braun-Straße, gegenüber dem Kino International, stehen Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne), der Bezirksbürgermeister von Mitte Stephan von Dassel (Grüne) und der Staatssekretär für Europa Gerry Woop (Linke).

Sie feiern die Eröffnung der umgestalteten Karl-Marx-Allee in Mitte. Zwei Jahre und vier Monate hat die Grundsanierung gedauert. In jede Fahrtrichtung teilen sich Autofahrer nun zwei Spuren – und nicht mehr drei.

Die dritte ist dafür jetzt Radfahrern vorbehalten. Um darauf „entlang zu sausen“, wie Bezirksbürgermeister von Dassel es selbst drei bis vier Mal die Woche dort auf seinem Rennrad tut. „Und am Wort ‚entlangsausen‘ hören Sie schon, wie sehr das Radfahrende befriedigt, hier sehr große Strecken in sehr kurzer Zeit und ohne große Kraftanstrengung durchführen zu können", erklärt er dazu.

Kulturstaatsekretär Gerry Woop, Bezirksbürgermeister von Mitte von Dassel, Verkehrssenatorin Regine Günther und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus Silke Gebel bei der Eröffnung der Karl-Marx-Allee.

© Maria Kotsev / Tagesspiegel

Die 800 Meter lange und knapp zehn Meter breite Fläche im Bezirk Mitte führte im Dezember vergangenen Jahres noch zu Koalitions-Krach im Senat. Die Streitfrage: sollen die Mittelstreifen Parkplätze bleiben, oder begrünt werden?

Die grün geführte Verkehrsverwaltung wünschte sich Grünstreifen, die Anwohner hingegen wollten die Parkplätze behalten. Die Kulturverwaltung, die die Karl-Marx-Allee zum Unesco-Weltkulturerbe machen will, war besorgt um den Denkmalschutz.

Klimaangepasst und authentisch: Die neue Karl-Marx-Allee soll viele Interessen vereinen

Wer heute die bis zu vier Meter breiten Radwege entlangradelt, muss zwei Mal hinsehen, um zu erkennen, wer sich durchgesetzt hat: noch strahlt das junge Gras in Mitten der Magistrale nicht in sattem Grün.

Verkehrssenatorin Regine Günther zeigt sich aber dennoch zufrieden. „Wir haben die Magistrale klimaangepasst gestaltet und das Regenwasser kann versickern. Insofern haben wir die Straße zukunftsfest gemacht“, sagt die Senatorin.

Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) vor den neuen Grünstreifen auf der Karl-Marx-Allee.

© Maria Kotsev / Tagesspiegel

Der Rasen soll den Artenschutz im städtischen Raum fördern, Starkregen versickern lassen und während Hitzeperioden im Sommer zur Abkühlung beitragen, wie die Senatsverwaltung in einer Mitteilung schreibt.

Wenn die Verwaltung die Grünflächen schon früher, also nicht erst im Dezember 2019 geplant hätte, würden jetzt vielleicht mehr Bäume auf dem Mittelstreifen stehen, sagt Günther.

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Auf Höhe der Karl-Marx-Allee 29 ließ die Verwaltung schon neue Bäume pflanzen und Hecken sowie Schmuckbeete anlegen. Die Straßenleuchten wurden mit energiesparenden Exemplaren ausgetauscht – das Design hingegen ist dem der 1960er Jahre nachempfunden.

Das Ziel sei es nämlich gewesen, die besondere Bedeutung der Karl-Marx-Allee zu berücksichtigen und den Ort so authentisch wie möglich zu erhalten, betont Europa-Staatssekretär Woop. Geprägt ist die Optik der Magistrale durch den sozialistischen Architekturstil, die Wohnblöcke und Plattenbauten entstanden in den 1950er und 1960er-Jahren.

Bei der Sanierung der Fahrbahnen kam lärmreduzierender Asphalt zum Einsatz. „Gerade in der Stadt leiden viele unter dem Lärm. Dem wollen wir künftig entgegensteuern, indem wir solchen Asphalt vermehrt verwenden“, kündigt Senatorin Günther an.

35 Sitzbänke sollen die „Aufenthaltsqualität“ komplett machen. Gesamtkosten: 13 Millionen Euro, finanziert aus den Mitteln des Landes Berlin.

„Großer Mist, der über unsere Köpfe hinweg entschieden wurde“

Dass er es sich künftig auf diesen Bänken gemütlich machen wird, schließt ein Anwohner der Gegend um die Karl-Marx-Allee aus. Er beobachtet die Eröffnung der neugestalteten Magistrale von ein paar Metern Entfernung aus, sein Blick ist kritisch. Er ist 75 Jahre alt und in dem Viertel aufgewachsen. Seinen Namen will er nicht nennen. „Das ist alles ein ganz großer Mist, der über unsere Köpfe hinweg entschieden wurde“, sagt der Mann.

Er ärgert sich, dass er sein Auto nicht mehr auf dem Mittelstreifen parken kann und nun längere Wege zwischen seinem Auto und seiner Wohnung auf sich nehmen muss. Gegen den Radstreifen und die Grünflächen habe er nichts. Doch er hätte sich einen Kompromiss gewünscht: Grünflächen und Parkplätze nebeneinander.

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