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Berlin: Sarrazin will BVG-Mitarbeitern das Gehalt kürzen – oder kündigen

Finanzsenator: „Nur so lassen sich die Schulden abtragen“. Die SPD beschwichtigt

Die BVG rollt immer tiefer in die roten Zahlen – und der Streit um ihre Zukunft verschärft sich dramatisch: So will Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) nun offenbar die Löhne und Gehälter der rund 12 600 Mitarbeiter des Verkehrsbetriebes auf Biegen und Brechen kürzen. Das verlautete aus Kreisen des BVG-Aufsichtsrates, der am vergangenen Dienstag unter Sarrazins Vorsitz tagte. Abstriche am Einkommen seien notwendig, um die zum Jahresende mit einer Million Euro verschuldete BVG zu sanieren, habe der Senator gesagt. Sollten die Arbeitnehmer dies ablehnen, werde man betriebsbedingte Kündigungen ernsthaft erwägen.

Gestern erhielt Sarrazin allerdings einen ersten Korb von der eigenen Partei und dem Koalitionspartner PDS. Solche „wilden Drohungen“ führten zu nichts, sagte der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Christian Gaebler. „So verhindert man den nötigen Dialog zwischen Gewerkschaften und Unternehmen, anstatt ihn zu fördern.“ Einkommensabstriche seien angesichts der Tarifverträge nur durch einen freiwilligen Verzicht zu erreichen. Und betriebsbedingte Kündigungen ließen sich nur begrenzt durchsetzen: Sie sind tarifvertraglich für alle Beschäftigten untersagt, die bis 1995 von der BVG angestellt wurden. Wer später einen Arbeitsvertrag erhielt, könnte allerdings mit dem Hinweis auf schlechte Unternehmenszahlen entlassen werden.

Ähnlich sieht das die Verkehrsexpertin der PDS, Jutta Matuschek. Aus ihrer Sicht braucht die BVG „ein vernünftiges Sanierungskonzept, zu dem auch die Arbeitnehmer ihren Beitrag leisten müssen.“ Entsprechende Verhandlungen seien aber erst möglich, wenn das Konzept auf dem Tisch liege. Nach Meinung der PDS kommt der neue BVG-Vorstandschef, Andreas Graf von Arnim, in dieser Hinsicht zu langsam in Fahrt.

Dass die BVG dem finanziellen Abgrund rasant entgegenrollt, erkennt allerdings auch Graf von Arnim. So erklärte er Anfang September, Berlins Verkehrsbetriebe hätten 30 Prozent zu viel Mitarbeitern, und die erforderlichen 70 Prozent erhielten derzeit 30 Prozent zu viel Geld. Deshalb lässt von Arnim die Tarifverträge jetzt nach Lücken abklopfen, die doch Kündigungen ermöglichen.

Auch Finanzsenator Thilo Sarrazin hält die BVG für personell überbesetzt – besonders in Verwaltungsbereichen. „Die Sach- und Personalkosten müssen runter, falls möglich, auch durch Entlassungen“, sagte gestern sein Sprecher. Zumal man die Fahrpreise nicht ständig weiter erhöhen könne. Allerdings hat die BVG seit 1991 schon personell kräftig abgespeckt. So gab es damals noch 28000 Beschäftigte. Seither wurde diese Zahl durch Abfindungen und Altersabgänge, die unersetzt blieben, um mehr als die Hälfte reduziert.

Der Gesamtpersonalrat der BVG forderte gestern einen „fairen Dialog“. Man lasse sich nicht erpressen. Wie es weitergeht, werde sich am 17. September zeigen: An diesem Tag lädt die BVG-Geschäftsführung alle Mitarbeiter zur Dienstversammlung ins ICC ein.

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